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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 14
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Sauerlandt, Max: Meisterwerke deutscher Fayencekunst: Ausstellung im Kunstgewerbemuseum in Frankfurt a. M.
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0701

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Meisterwerke deutscher Fayencekunst
Ausstellung im Kunstgewerbemuseum in Frankfurt a. M.
Mit zwei Abbildungen auf zwei Tafeln Von MAX SAUERLANDT
ES ist nicht ganz leicht, die Stellung zu bezeichnen, die die Kunstgewerbe-
museen innerhalb des heutigen öffentlichen Kunstlebens einnehmen.
Vor fünfzig, ja noch vor fünfundzwanzig Jahren schien ihr Aufgabenkreis
ganz deutlich bestimmt. Sie waren begründet, um an ihrem Teile zu der Ge-
sundung des Kunsthandwerks der Zeit mit beizutragen und durch Jahrzehnte
hat sich ihre Wirksamkeit der Öffentlichkeit gegenüber auch scheinbar wirk-
lich in der Erfüllung dieser einen Aufgabe erschöpft.
Seitdem sind ihnen jedoch aus den veränderten Bedürfnissen der Gegenwart
viel umfassendere Aufgaben zugewachsen, deren Erfüllung neue Anforde-
rungen an die Verlebendigung des zumeist unter ganz anderen Gesichtspunk-
ten zusammengebrachten Besitzes stellen.
Die Neuordnung der meisten und gerade der bedeutendsten deutschen
Kunstgewerbemuseen während der letzten Jahre ist gewiß kein Zufall, ihr
kommt vielmehr symptomatische Bedeutung zu. Auch da, wo durch Über-
führung der Sammlungen in neue, durch den Umsturz verfügbar gewordene
Räume zur Schaffung des neuen Typus der „Schloßmuseen“ anscheinend
nur ein äußerer Anlaß gegeben war, wurden doch für die neue Form der Auf-
stellung des überkommenen Besitzes tiefere Bedürfnisse das treibende
Moment. Man ist sich jetzt erst ganz klar geworden über die neuen Auf-,
gaben, die erfüllt werden müssen, wenn unsere „Kunstgewerbemuseen“,
deren Name heute schon beinahe überlebt klingt, als lebendige Kräfte unseres
Kunstlebens wirksam bleiben sollen. Sie müssen als ein besonderes Glied
— aber eben wirklich auch nur als ein besonderes Glied — des um-
fassenderen einen Organismus unserer öffentlichen Kunstsammlungen
neu aufgebaut und weiterentwickelt werden.
Freilich haben sich die Begründer unserer Kunstgewerbemuseen auch früher
schon nicht an der Erfüllung des nächstliegenden praktischen Zweckes ge-
nügen lassen. Das alte Sempersche Ideal der Kunstsammlungen als der
„wahren Lehrer eines freien Volkes“, als der „Schuler des allgemeinen Volks-
geschmackes“ hat ihnen immer schon als letztes Ziel vorgeschwebt. In
Wahrheit aber scheint doch erst jetzt der Zeitpunkt gekommen zu sein, wo
dieses Ideal zur ersten und nächstliegenden Aufgabe auch der Kunstgewerbe-
museen werden kann. Kein Wunder, daß das so spät geschieht: keine Gattung
von Kunstsammlungen setzt ein so hohes Maß von Reife, von Urteils- und
Einfühlungskraft voraus, wie gerade diese.
Neben der Erfüllung dieser gleichsam exoterischen Aufgaben, die im be-
sonderen als allgemein verbindlich bezeichnet werden können, ist aber von
Anfang an noch eine andere „esoterische“ Tätigkeit hergegangen, von der die
Öffentlichkeit überhaupt kaum Notiz genommen hat: die wissenschaftliche
Auswertung des Museumsbesitzes.
Durch die Existenz der Kunstgewerbemuseen ist ja die Forschung auf den
vielen verschiedenen Gebieten ihrer Sammeltätigkeit überhaupt erst möglich
geworden. Ihre Begründer — es genügt, die Namen Julius Lessing, Justus
Brinckmann, Otto von Falke zu nennen — sind es gewesen, die die Grund-,
lagen zu einer wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte all der ver-.
schiedenen Zweige der gewerblichen Künste gelegt, und die damit nicht nur

Der Cicerone XVII. Jahrg., Heft 14

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