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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 13
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Martinie, Henri; Zak, Eugène [Honoree]: Eugène Zak
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0680

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VonH. MARTIN IE f Mit vier
Abbildungen auf zwei Tafeln

Eugene Zak

PHANTASIE, Grazie und soviel Melancholie, daß die Menschen zu leben
scheinen, ihren Charakter offenbaren, ohne ihrer Schönheit zu schaden,
das sind die Zeichen der Kunst eines Zak. Keine Dramatik, folglich kein
Expressionismus in dieser Kunst, die doch ganz Ausdruck ist.
Scheint es nach diesem Eingang nicht, als ob es sich um einen Künstler der
Vergangenheit handelte, aus einer Epoche, die nicht von technischen Pro-
blemen beherrscht wurde, die dem Künstler erlaubte, hemmungslos seiner Ein-
gebung zu folgen? Zaks Kunst ist Dienerin der Phantasie, die er zum Leben
erweckt. Erst nach einer Zeit des Suchens erlangte er, ebenso wie andere,
die Fülle von Ausdrucksmitteln, die er beherrscht. Die rein malerischen Pro-
bleme, die seit Manet und den Impressionisten vorherrschen, haben ihre
Spuren in seiner Entwicklung hinterlassen. Trotzdem war sein Weg von
Anfang an vorgezeichnet. Die technischen Fortschritte erlaubten ihm seine
Absichten besser zu verwirklichen und seinem Ideal vollkommener zu dienen.
Diese Vorherrschaft des Gefühls in Zaks Werk, diese ständige Unterordnung
der Technik, lehrt a priori, daß er nicht einmal den Versuch machte, modern
zu sein. Doch darüber wollen wir uns nicht beklagen; was der Künstler bewußt
an Aktualität verliert, gewinnt er an Persönlichkeit, und diese ist, letzten Endes,
in der Kunst entscheidend.
Inmitten der künstlerischen Strömungen unserer Zeit bleibt Zak unab-
hängig; eine heitere Selbständigkeit schützt ihn vor den dauernden äußeren
Einflüssen. Er lernte von Puvis de Chavannes und nützte das Beispiel des frühen
Picasso der „blauen und rosa Epoche“. Beider Werke boten ihm die Aus-
gangspunkte für seinen eigenen Weg, sie halfen ihm, sein eigenes Streben
besser zu erkennen. Übrigens fanden diese nicht weniger Anregung bei den
Meistern der italienischen Renaissance, besonders den großen Florentinern.
Unter anderen hat Max Osborn dies alles ausgezeichnet formuliert, als er die
Etappen in der Entwicklung von Eugene Zak feststellte.
Indessen scheint sich noch eine andere Beziehung aufzudrängen, die nach
meiner Kenntnis noch nicht entdeckt worden ist. Zwischen dem „Buveur“
von Zak und dem „Indifferent“ von Watteau besteht eine Verwandtschaft.
Gewiß ist die Ausführung bei dem unvergleichlichen Meister des 18. Jahrhun-
derts von fabelhaftem Glanz; die Materie ist wie mit dem Schimmern, kost-
barer Steine belebt, wie man es bei unserm liebenswürdigen Zeitgenossen
nicht findet, dessen moderne Malweise in dieser Hinsicht versagt. Außerdem
bot das Leben und die Kunst zu Watteaus Zeiten diesem einen prunkenden
Rahmen, voll von stolzem und doch intimem Geschmack; unter dem prächtigen
Laub der Parks scheint die Wirklichkeit selbst zu träumen. Das Lebensdrama
seiner Gestalten wirkt durch diesen Reichtum äußerst ergreifend. Wer in
Watteau nur den Maler „galanter Feste“ sieht, versteht nichts von ihm. Im
Gegensatz zu dieser höchsten Schönheit zwingt die unruhige und brutale Wirk-
lichkeit unserer Tage Zak einen Dekor auf, der frei von verführerischen und
erregenden Elementen ist. Nach diesen Vorbehalten bleibt eine gewisse Ver-
wandtschaft in der Idee. Wir brauchen nur an die Gestalt Zaks zu erinnern,
die an Hamlet denken läßt und die andern, die den Komödien Alfred de
Mussets zu entstammen scheinen. Alle sind von seelischem Leben erfüllt;
das ist von Anfang an ein wesentlicher Zug in Zaks Kunst gewesen.
Um meine Erklärung, daß Zak durch seine Selbständigkeit vor dem Materialis-

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