Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

DOI issue:
Heft 4
DOI article:
Rademacher, Franz: Die ottonische Keramik Kölns
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0192
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
sehende Steinzeug dauerhaft zu verbinden, dürfte der Hauptgrund liegen für
das seltene Vorkommen glasierter Töpferwaren im Mittelalter. Ihre Haupt-
verwendung fand dementsprechend die Bleiglasur auf den aus weichem Töp-
ferton gefertigten Bodenfliesen und Kacheln1. Bekannt war demnach den
ottonischen Töpfern die Verwendung farbiger Glasuren, doch verstand man
nicht, sie sich für die Zwecke der Gefäßverzierung in größerem Umfange
dienstbar zu machen.
Für die niederrheinische Keramik steht Köln im Mittelpunkt. Die Entwick-
lung der Kölner Töpferkunst des Mittelalters deckt sich mit der des Nieder-
rheins, nur daß in Zeiten besonderen Aufschwungs die Stadt Köln vor dem
Lande voransteht. Dies trifft auch, soweit die bisher bekannten Funde spre-
chen, für die ottonische Zeit zu. Der Typus ist durchaus der gleiche, doch
gehören die bemerkenswertesten Stücke, die hier behandelt werden sollen, alle
Köln an. Als ottonisch ist in dieser Untersuchung angesprochen die Periode
zwischen der Karolingerzeit und dem Einsetzen des ausgesprochen romani-
schen Stils, also die Zeit vom Beginne des zehnten bis zum Ende des elften
Jahrhunderts. Diese Umgrenzung ist nicht willkürlich gewählt, vielmehr durch
den Entwicklungsgang der Keramik selbst bedingt, worauf noch zurück-
zukommen sein wird. Gerade die ausgesprochene Zeitbedingtheit gibt der otto-
nischen Keramik ihre besondere Note und verleiht ihr eine über das kera-
mische Interesse hinausgehende Bedeutung.
Hervorgehoben seien unter den ottonischen Gefäßformen die als besonders
charakteristisch zu bezeichnenden. Der in Abb. i wiedergegebene Becher von
13,8 cm Höhe zählt zu den keramisch glücklichsten Formen, die die mittel-
alterliche Töpferkunst aufzuweisen hat. Die ausdrucksvolle Umrißlinie, die
klare Aufteilung und Gliederung des Gefäßkörpers verraten ein überraschen-
des Formgefühl und lassen erkennen, wie gut man die besonderen Wirkungen
der Töpferscheibe auszunutzen verstand. Bezeichnend hierfür sind die stark
vorspringenden Grate, die den am meisten ausladenden Teil des Gefäßes um-
ziehen. Die Vorliebe für kräftige, horizontale Gliederung ist eines der
hervorstechendsten Merkmale der ottonischen Töpfereien, im Gegensatz zu
den unakzentuierten „formlosen“ karolingischen und romanischen Fabrikaten.
In dieser Vorliebe berührt sich die ottonische Keramik mit der fränkischen.
Während letztere jedoch zusammenhängende ruhige Flächen wahrt, verrät
die ottonische in der gedrängten, oft gehäuften Verwendung der horizontalen
Teilungsgrate das ausgesprochene Gliederungsbedürfnis ihrer Zeit. Eine Re-
miniszenz aus karolingischer Zeit sind die den Oberteil des Gefäßes bedecken-
den. rautenförmig sich kreuzenden Striche, die dunkelbraun auf etwas helle-
rem, rostbraunem Grunde stehen. Sie treten infolgedessen — und dies gilt
durchweg für ottonische Gefäße mit Bemalung — nur schwach hervor, erfüllen
also ihren eigentlichen Zweck nur in geringem Maße. Bei den karolingischen
sog. Pingsdorfer Fabrikaten2, für die diese Malerei recht eigentlich geschaffen
erscheint, hebt sie sich von dem gelben Grunde des weichen Tons kräftig ab.
Bezeichnend ist, daß eine lockere, systemlose Bemalung, wie sie bei den
karolingischen Gefäßen vorherrscht, auf dem ottonischen Steinzeug nicht mehr
vorkommt, diese vielmehr immer zu regelmäßigen und nur auf bestimmten
1 Reste von Bodenplatten mit grüner Glasur, bei denen das in spitzen Dreieckfeldern
mit dem Grün abwechselnde Gelb einfach durch den gelblichen Ton des Materials er-
setzt wird, sind in der Wand eines ottonischen Ofens im Aachener Bezirk zutage ge-
kommen.
2 Benannt nach dem Fundorte Pingsdorf bei Köln. Vgl. K. Ko en en: Bonner Jahr-
bücher CIII, S. 115.

x68
 
Annotationen