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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 4
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Rademacher, Franz: Die ottonische Keramik Kölns
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0191

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Mehrzahl schon durch die Masse. An die Stelle der einfachen Tonware, deren
mäßig gebrannter Scherben im Bruch eine schieferisch geschichtete Struktur
aufweist, tritt das in hohem Brande völlig gesinterte Steinzeug, bei dem der
Scherben wegen des erforderlichen starken Sandzusatzes ein körniges Aus-
sehen gewinnt. Der Übergang zum Steinzeug hat sich nicht plötzlich und
auch nicht überall zu gleicher Zeit vollzogen. Es gibt bereits karolingische
Gefäße aus Steinzeug und ebenso solche der späteren Jahrhunderte aus
ungesintertem Töpferton, wobei auch technische Gesichtspunkte der Ofen-
konstruktion zu berücksichtigen sind, die ein gleichmäßiges Durchbacken
aller in einem Ofen vereinigten Gefäße verhindern. Doch darf gesagt werden,
daß der Übergang zum Steinzeug im allgemeinen mit dem Beginn der
ottonischen Keramik zusammenfällt. Daß dies kein Zufall ist, vielmehr Mate-
rial und Gefäßform in gleicher Weise durch eine neue Einstellung des otto-
nischen Töpfers bedingt sind, beweist der Umstand, daß die Mehrzahl der kenn-
zeichnenden Merkmale der ottonischen Keramik nur in Verbindung mit dem
harten Material des Steinzeugs denkbar ist. Die Farbe der ottonischen Gefäße
ist ein stumpfes Grau oder ein schmutziges Graubraun, hervorgerufen durch
den Eisengehalt des Tones. Bei mehreren der besten Stücke findet sich jedoch
ein künstlich hervorgerufener, gleichmäßig brauner Überzug, auch dieser von
ausgesprochen stumpfer Wirkung, gegenüber dem glänzenden Braun der salz-
glasierten spätgotischen Geschirre.
Die Frage der Verwendung farbiger Bleiglasuren in der mittelalterlichen
Töpferei ist noch ganz ungeklärt. Die Ansichten hierüber sind sehr unsicher.
Im allgemeinen ist man geneigt, anzunehmen, daß die Bleiglasur in romani-
scher Zeit, etwa auf dem Wege der Kreuzzüge, vom Orient nach dem Norden
gekommen sei1. Einzelne alte Nachrichten über die „Erfindung“ der Glasur
im 12. und 13. Jahrhundert, sowie der Umstand, daß Theophilus um 1100 in
seiner schedula das Bemalen von Tongefäßen mit farbigen Glasuren nur von
den „Griechen“ berichtet, scheinen dies zu bestätigen. Daß der Orient die
Heimat dieser Glasur ist, steht außer Zweifel; doch hat sie den Weg nach dem
Norden schon beträchtlich früher gefunden. Bereits in der ersten römischen
Kaiserzeit finden wir im Rheinland eine Gruppe von gelb und grün glasierten
Tongefäßen und Lampen, die in Form und Ornament deutlich einen Zu-
sammenhang mit dem Orient erkennen lassen. Im Anschluß hieran entwickelt
sich dann auch im Rheinland (u. a. in Köln) eine Fabrikation glasierter Ton-
waren, ohne allerdings großen Umfang anzunehmen. Wichtiger aber, und
bisher unbeachtet geblieben, ist das vereinzelte Vorkommen von Bleiglasur auf
Tongefäßen spätkarolingischer und ottonischer Zeit. Fränkische Zwischen-
glieder sind bisher nicht bekannt geworden, dürften bei dem anders gearteten
Charakter dieser Keramik auch kaum gefunden werden. Von einem sicheren
Beherrschen der Glasurtechnik durch die Töpfer des 10. Jahrhunderts kann
jedoch auf Grund der bisher bekannten Stücke keine Rede sein. Es handelt
sich vielmehr in der Regel offensichtlich um Versuchsstücke. Die grüne,
gern ins gelbliche oder bräunliche spielende, meist unreine Glasur liegt un-
gleichmäßig auf, ist bisweilen anscheinend tropfenweise auf den Scherben ge-
bracht, manchmal auch verbrannt, zumal wenn versucht ist, sie mit Steinzeug
zusammenzubringen, dessen hohen Brand die Bleiglasur nicht aushält. Ver-
suche in dieser Hinsicht lassen sich mehrfach erkennen, und in der techni-
schen Unmöglichkeit, die Bleiglasur mit dem seit der ottonischen Zeit herr-
1 So setzt noch jüngst K. Strauß den Beginn der Glasur in Frankreich und Deutsch-
land in das XII. bis XIII. Jahrhundert. K. Strauß: Studien zur mittelalterlichen Keramik.
Leipzig 1923, S. 36. (Mannus-Bibliothek Nr. 30.)

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