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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 4
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Rackham, Bernard: Eine schlesische Schüssel mit dem Brustbild Kaiser Rudolf II. in London
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0226

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hergestellt worden ist, und zwar von einem Wandertöpfer, der anderwärts
ähnliche Stücke gearbeitet haben mag. Trotz der nur allgemeinen Ähnlichkeit
der Gesichtszüge hat Braun gezeigt, daß das Bildnis der Schüssel Kaiser
Rudolf II. (1576—1612) darstellt; es ist so gut wie sicher nach einem 1596 datier-
ten Stich Giacomo Francos nach einem unbekannten Original gearbeitet.
Gegen Ende des Jahres 1923 hatte ich das Glück, bei Sothebys in London
ein weiteres Stück der Gattung zu entdecken und für das Victoria and Albert
Museum zu erwerben, die hier abgebildete Schüssel mit fast gleicher Porträt-
darstellung. Sie wurde verkauft mit einer großen Sammlung von Töpfer-
arbeiten aus dem Besitz des Earl Brownlow in Ashridge (Hertfordshire).
Während die Bildnisschüssel in Troppau eine Randverzierung von Doppel-
blüten trägt, die etwa dem alten Blitzzeichen Jupiters entsprechen, ist die
Brownlowschüssel mit der Inschrift RVDOLPHVS SECVNDVS ROMANO-
RVM IMPERATOR eingefaßt, und dadurch wird jeder Zweifel an der Person
des Dargestellten beseitigt. Die Gesichtszüge kommen hier denen der Kupfer-
stichvorlage noch näher und sind bemerkenswert durch die kräftigen Mangan-
striche, mit denen Augen, Nase und Schnurrbart auf der Fläche des Grund-
emails gemalt sind. Die Rüstung ist hier etwas weiter durchgeführt als auf
der Troppauer Schüssel, andererseits ist die Pumphose hier glatt purpurn,
während sie auf der Troppauer Schüssel mit braun gestreift ist. Das Muster
des Hintergrundes ist ebenfalls abweichend, es ist sehr wirkungsvoll in Purpur,
Türkisgrün, Zitronengelb und Weiß gemalt. Schließlich ist das Haar des Kai-
sers grau, Gesicht und Hände sind weiß mit Purpurmalerei, die Rüstung ist
blaß lavendelblau mit gelben Streifen, Hose, Schwert purpur, Reichsapfel pur-
pur und gelb mit Türkispunkten. Das Zackenmuster der Kehlung ist gelb und
purpurn, die Inschrift steht in weißen Buchstaben auf tiefkobaltblauem Grund.
Die Rückseite der Schüssel ist, wie bei allen diesen Stücken, unglasiert: es
waren Schauteller zum Aufstellen vor der Wand oder auf einer Kredenz.
Der Durchmesser der Schüssel beträgt 37,5 cm.

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