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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Neue Literatur zur Keramik
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0248

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Neue Literatur zur Keramik

die aus dem allgemeinen mit dem 70 er Krie-
ge entzündeten Enthusiasmus für „un-
serer Väter Werk“ dem rheinischen Stein-
zeug — seltsam genug — für kurze Zeit eine
internationale Geltung verschafft hat, wie
sie bis zum heutigen Tage nicht einmal das
deutsche Porzellan sich hat erringen kön-
nen. Mit Unrecht aber ist das Pendel dann
nach der Gegenseite so weit ausgeschlagen:
jetzt erst scheint der Augenblick für eine
wirklich gerechte Würdigung der auf die-
sem Kunstgebiet erreichten künstlerischen,
kunsthandwerklichen Leistung gekommen
zu sein. Koetschau findet ebenso schöne
und treffende Worte für die allgemeine Ein-
schätzung des rheinischen Steinzeugs als
einer Sonderart keramischer Kunst, wie für
die Charakteristik der einzelnen, so nahe
benachbarten, so nahe verwandten und
doch wieder durch unverkennbare indivi-
duelle Besonderheiten voneinander abge-
setzten Produktionsgebiete. So wird seine
neue Darstellung gewiß dazu dienen, dem
rheinischen Steinzeug viele neue Freunde
zu gewinnen und die alten Freunde in ihrer
Schätzung zu befestigen. Sauerlandt.
Pottery and Porcelain. A.Handbook for
Collectors. Translated from the Danish
of Emil Hannover, edited with notes
and appendices by Bernard Rackham.
Ernest Benn Ltd., London 1924.
Über Emil Hannovers, des im Märzig23
viel zu früh verstorbenen Direktors des
Dansk Kunstindustrimuseet in Kopenhagen
großes „Keramisk Haandbog“ herrscht in
der gesamten Fachkritik nur eine Stimme
der Anerkennung.
Auch wir in Deutschland haben dasWerk
seit seinem Erscheinen oftmals zu Rate zie-
hen müssen, da, wo es sich um Studien han-
delte, die ins Einzelne gingen, mit Hilfe ei-
nes vermittelnden Dolmetschers, denn das
dänisch geschriebene Werk ist uns als Gan-
zes, trotz der Verwandtschaft der Sprachen,
doch unzugänglich geblieben. Wir haben
den Bau von außen bewundert: in ihm hei-
misch zu werden, blieb uns versagt.
Dem ist nun abgeholfen. Durch die we-
nige Tage vor Weihnachten 1924 erschie-
nene von Bernard Rackham, demKeeper
des department of Ceramics am Victoria and
Albert Museum, London, als Zeichen treuer
Freundschaft über das Grab hinaus besorg-
ten Übersetzung ins Englische ist Hanno-
vers Handbuch erst wirklich die internatio-
nale Verbreitung gesichert, die das bedeu-
tende Werk in der Tat verdient1.
1 Den ersten Band hat Rackham selbst übersetzt, bei
dem zweiten und dritten Band unterlag die Übersetzung
seiner Durchsicht.

Fünfundvierzig Jahre sind seit der letzten
zusammenfassenden Darstellung des gro-
ßen Gebietes in Friedrich Jaennickes Grund-
riß der Keramik vergangen, und nur wer ei-
nen Begriff davon hat, wie außerordentlich
sich unsere Kenntnis dieses auch heute noch
lange nicht bis zum Letzten durchforschten
Weltteils der Geschichte des Kunstgewer-
bes in der Zwischenzeit vermehrt hat, nur
wer es weiß, in welcher Zerstreuung diese
neuen Kenntnisse in der Zeitschriften- und
Spezialliteratur der vier Weltsprachen der
Kunstgeschichte mehr verborgen ist, als zu
Tage liegt, vermag die Größe vonEmilHan-
novers Unternehmen in ihrem ganzen Um-
fang zu ermessen und die Bedeutung des
Geleisteten voll zu würdigen.
Was wir bisher mehr nur geahnt als wirk-
lich gewußt haben, bringt uns die englische
Ausgabe nun nahe: daß dieses umfangreiche
dreibändige Werk wirklich die Arbeit eines
Mannes ist, der die Literatur und das große
Material der erhaltenen Sachdokumente mit
erstaunlicher Genauigkeit beherrschte, der
daneben aber auch dem Gegenstand seines
Studiums ein ganz persönliches, künstle-
risch verfeinertes Empfinden entgegen-
brachte.
Bei aller Sympathie, die HannoverD eutsch-
land und im besonderen der deutschen Wis-
senschaft entgegenbrachte — sein Werk
selbst legt beredtes Zeugnis davon ab —
mußte es doch jedem, der ihn kannte, klar
sein, wie viel mehr als Deutschland er selbst
sich französischer Kultur verpflichtet ge-
fühlt hat, wie stark französische Kultur auf
die Bildung seines Geschmacks gewirkt hat.
Der englische Herausgeber hat pietätvoll
den Text des Originals sachlich unverändert
wiedergegeben, auch da, wo die Forschun-
gen der letzten Jahre zu neuen Ergebnissen
geführt haben. Alle diese neuen Forschungs-
resultate — und es handelt sich bei dem un-
verminderten Interesse, das dem weitschich-
tigen Gebiet der europäischen und der ost-
asiatischen Keramik überall entgegenge-
bracht wird, in vielen Punkten um sehr we-
sentliche Dinge — hat Rackham in Anmer-
kungen, die zum Teil den Umfang kleiner
Exkurse haben, in konzentrierter Form zur
Sprache gebracht.
Diese „Anmerkungen“ zu HannoversText
stellen eine ganz bedeutende Arbeitsleistung
dar: sie berücksichtigen die gesamte kera-
mische Literatur,man möchte sagen bis zum
Tage des Erscheinens der englischen Aus-
gabe, und bringen das Werk in Verbindung
mit den Nachträgen zu Hannovers ausführ-
lichen Literaturnachweisen tatsächlich
„completly up-to-date“. Max Sauerlandt.

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