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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 6
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0370

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Verschiedenes

Verlag verspricht überdies in seinem Pro-
spekt wesentliche Verbesserungen im Hin-
blick auf illustrative und drucktechnische
Ausstattung, abgesehen von dem erwei-
terten redaktionellen Programm, das der
Kopf des neuen Herausgebers bestimmen
wird.
Auch die der Inflationszeit zum Opfer
gefallene Seemannsche Wochenzeitschrift
„Kunstchronik und Kunstmarkt“ soll
mit dem i. April unter der bewährten Lei-
tung von Dr. Alfred Kuhn neu aufer-
stehen und zweifellos ist ein Bedürfnis
nach einem rasch orientierenden, wöchent-
lich erscheinenden Organ, wie es die See-
mannsche Zeitschrift zu werden verspricht,
durchaus vorhanden. Ob der heute schwer
daniederliegende Markt und die restlos
erlahmte Wirtschaftskraft des deutschen
Volkes in der Lage sein werden, auf die
Dauer diesen Reichtum an Kunstorganen
— wie ihn keine andere Nation ähnlich in
der Welt besitzt — zu tragen, ist indes
eine Frage, über die die opferfreudigen
Verleger erst später die richtige Rechen-
schaft ablegen können. Einer nachfolgen-
den Zeit dürfte dieser ideelle Wettstreit,
wie er heute zwischen dem halben Dutzend
der wirklich führenden deutschen Kunst-
zeitschriften besteht, als ein herrlicher Be-
weis ungebrochener Kraft im Geistig-
Künstlerischen erscheinen und als Aus-
druck eines auf Aktivität eingestellten Idea-
lismus, wie er ähnlich kaum bei einem
anderen Volk der Erde feststellbar ist.
Endlich darf an dieser Stelle noch eine
dritte Zeitschrift angekündigt werden, die
in den nächsten Wochen fertig vorliegt,
das von Dr. Herbert Kühn ins Leben ge-
rufene und geleitete „Jahrbuch der prä-
historischen und etnographischen
Kunst“, das für ein heute höchst ak-
tuelles und zukunftträchtiges Grenzgebiet
der Kunstgeschichte internationale Gelehr-
tenarbeit in geradezu vorbildlicher Weise
zusammenfassen konnte. b.
Verschiedenes
NEUE STADTBAUKUNST
In Essen hat man in den ersten März-
tagen die von Prof. Edmund Körner er-
baute neue Börse eingeweiht, ein impo-
nierendes Denkmal neuzeitlicher Baukunst,
das sich mit vorbildlichem Gefühl auch
jener richtungweisenden Platzgestaltung
eingliedert, die im zentral-axialen Schnitt-
punkt von Straßenführungen zugleich dem
Gedanken kommender architektonischer
und städtebaulicher Erweiterung Raum ge-
schaffen hat. Diese Essener Börse ist in

doppelter Hinsicht wichtig, einmal als Do-
kument einer architektonischenSchöpfung,
die, durchaus eigen empfunden, trotzdem
der historischen Überlieferung bis zu ei-
nem gewissen Grade folgt und in der äu-
ßeren Form etwas vom Geist jener alten
Gemeinde mittelalterlichen Ursprungs auf
den Beschauer zurückstrahlt, dann — zu-
mal in der inneren Gliederung und räum-
lichen Ausstattung —- als ein Beweis stärk-
ster künstlerischer Einfühlung in die Auf-
gaben eines neuzeitlichen Wirtschaftsbe-
triebes, der auf der einen Seite zwar rein
praktische Rücksichtnahmen verlangte, an-
dererseits aber doch dem erfindungsstarken
und schöpferischen Gefühl des Baumei-
sters reichste Möglichkeiten zur Entfaltung
seines Geschmackes gab. — Edmund Kör-
ner wird jetzt auch das neue Folkwang-
Museum für Essen bauen, und es darf
gesagt werden, daß diese Aufgabe, die in
mehr als einer Beziehung bahnbrechend
werden kann und an den künstlerischen
Intellekt des Architekten keine geringen
Voraussetzungen stellt, kaum berufeneren
Händen hätte überantwortet werden können.
In Ulm und weit darüber hinaus ist der
Streit um die Neugestaltung des alten
Münsterplatzes entfacht, nachdem das
Preisgericht unter den mehr als vierhun-
dert Entwürfen, die beim Wettbewerb um
diese unerhört wichtige und interessante
städtebauliche Aufgabe eingegangen wa-
ren, ausgerechnet diejenigen Arbeiten aus-
gezeichnet hat, die der längst von moder-
ner Erkenntnis überholten romantisieren-
den „Fischerschule“ am nächsten stehen.
Daß sich die modern gesinnte Architekten-
schaft gegen eine solche Entscheidung
auflehnt, die alle Errungenschaften städte-
baulicher Arbeit des letzten Jahrzehntes ein-
fach zu negieren scheint, ist selbstver-
ständlich. Denn hier geht es nicht — wie
die Herren in Ulm anzunehmen scheinen
— um eine rein lokale Angelegenheit, son-
dern um eine Arbeit, die im Großen für
moderne Stadtbaukunst überhaupt weg-
weisend ist. Diese aber ist weniger Sache
eines Ulmer Lokalpatriotismus als viel-
mehr Aufgabe des lebhaft erwachten ar-
chitektonischen Gewissens dieser Zeit, ja
eine Frage von nationaler Bedeutung, die
folgenschwer in ihrer grundsätzlichen Lö-
sung in die Problemstellung der Zeit über-
haupt hineingreift. Der von Werner Hege-
mann vorbildlich geleitete „Städtebau“
widmet sein letztes Doppelheft fast aus-
schließlich dieser Frage, die bei der Ent-
scheidung des Ulmer Preisgerichtes durch-
aus nicht ihr Bewenden haben darf.
Biermann.

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