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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 11
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Rohde, Alfred: Der Elfenbeinschnitzer Joachim Henne, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0583

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muskelreichen Unterarmen sind weit ausgebreitet, die linke Hand hält lose,
dem Pferd alle Freiheit lassend, die Zügel, während die rechte Hand den Mar-
schallstab von sich streckt. Der von dichter Allongeperücke umgebene etwas
nach rechts geneigte Kopf ist von einem Lorbeerkranz bekrönt und wird von
Sonnenstrahlen umgeben. Rechts und links umschweben den König die
allegorischen Gestalten der Justitia mit der Wage und der Pax mit aufge-
schlagenem Buche und Palmenzweig, während unter den Hufen des Pferdes
die hängebrüstigen und verschrumpelten Gestalten des Lasters zertreten werden.
Die Reiterapotheose des Königs tritt hier zum ersten Male im dänischen
Kreis auf, der Maler Overgaard hat das gleiche Motiv im Turmzimmer von
Frederiksborg damals als Deckengemälde zu meistern versucht, und kein Ge-
ringerer als der bedeutendste nordische Elfenbeinplastiker Magnus Berg hat
eine Generation später nicht ohne Beeinflussung durch das Relief Hennes eine
Reiterapotheose Friedrichs IV. von Dänemark geschaffen1. Für die Einreihung
des Ovalreliefs in das Elfenbeinwerk Hennes sei auf die große Ovalplatte mit
dem Bildnis des Barthold Moller (Abb. Teil I Nr. 4) hingewiesen, wo wir
ganz ähnliche allegorische Gestalten finden.
Henne scheint noch einmal Gelegenheit gehabt zu haben, ein Reliefporträt
von Christian V. von Dänemark in Elfenbein herzustellen. Eine leider unkon-
trollierbare Notiz, die ich Herrn Bering Liisberg-Kopenhagen verdanke, besagt,
daß igio in London ein solches Porträt versteigert sei, das die Bezeichnung
J. H. getragen habe. Wo dieses Bildnis versteigert wurde und wohin es ge-
langte, ließ sich nicht feststellen. Unter den vielen fürstlichen Porträts des
Rosenborgschlosses scheinen mir als sichere Arbeiten Hennes nur noch die
beiden Porträts Jakobs II. von England und Friedrichs III. von Dänemark
anzusprechen zu sein. (Abb. 5 u. 6.) Bei diesen Bildnissen wird man stark
erinnert an diejenigen des Kaiser-Friedrich-Museums in Berlin (Teil 1 Abb. 1—3),
aber auch an die des Hamburgischen Museums für Kunst und Gewerbe. Eine
Treue der Darstellung zeigt sich hier von neuem, die vor der Häßlichkeit nicht
zurückschreckt, die großen leeren Augen kommen hier wieder vor wie in Ber-,
lin, noch immer finden wir die seidig-weiche Bildung des Haares und die
Materialcharakterisierung des Gewandes, die besonders in der Unterschei-
dung zwischen Rüstung und Stoff zum Ausdruck kommt. Als letztes Porträt
sei dann hier noch das eines Unbekannten (Abb. 7) angegliedert, das neben
dem Bildnis noch die für Henne bezeichnende architektonische Umgebung
aufweist, und das gerade in dieser architektonischen Umgebung an das Bildnis
des Hamburger Bürgermeisters Barthold Moller erinnert.
ißg2 tritt uns in Kopenhagen Henne als Miniaturmaler entgegen. Ein teils
gezeichnetes, teils in Gouache gemaltes Porträt Christians V. trägt seine volle
Signatur und die erwähnte Datierung (Abb. 8). Das Datum i6g2 gewinnt des-
halb Bedeutung, weil damit die Möglichkeit naheliegt, die Notiz über den
Stempelschneider Henne, der iögi ,,for‘en medaile at sticke i staal 200 r“ er-
hält, auf unseren Elfenbeinschneider zu beziehen. Die Vielseitigkeit der Tätig-
keit nimmt nicht wunder, sie ist bei den Kleinplastikern schon früh im Kreise
des Leonhard Kem an der Tagesordnung, wo uns von Georg Pfründt berichtet
wird, daß er bald in Wachs und Ton bossierte, Groß- und Kleinplastiken
schuf und daneben als Medaillenschneider eine reiche Tätigkeit entwickelte.
Sebastian Dattler war ein nicht weniger vielseitiger Meister, und auch im
18. Jahrhundert sehen wir Johan Christian Ludwig Lücke bald als Elfenbein-
schneider, bald als Porzellanmodelleur tätig. Die Verbindung mit der Medaille
1 Im Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe.

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