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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 11
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Rohde, Alfred: Der Elfenbeinschnitzer Joachim Henne, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0584

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ist ja bei Henne schon in Hamburg vorhanden, wo er wenigstens das Elfen-
beinmodell für die Mollermedaille schuf, und auch zwei der Ovalbildnisse der
Gottorfer Herzöge — beide übrigens zweiseitig bearbeitet, indem sich auf der
Rückseite das Wappen der Gottorfer Herzöge befindet, wie auch zweiseitig
das Modell der Mollermedaille ist — scheinen angefertigt zu sein mit der Ab-
sicht, sie in Stahl zu schneiden, d. h. als Vorlagen für eine Medaille.
Das Bild Christians V. von 1692 hat aber noch in anderer Hinsicht für uns
Bedeutung. Es ist der sichere Beleg dafür, daß Henne sich in Kopenhagen
schon als Miniaturmaler betätigt hat. In seinen letzten Jahren hat sich der
Künstler im wesentlichen dieser Tätigkeit — so merkwürdig das für einen doch
sicher schon 60 jährigen Meister auch erscheint — zugewendet. 1702 erwirbt er
in Berlin auf Grund eines Miniaturbildnisses des Kronprinzen die Anstellung
als Hofminiaturmaler mit 200 Rhtl. Gehalt. Zwar erwähnt Nicolai daneben
noch seine Tätigkeit als Wachsbossierer und Elfenbeinschneider, aber 1707
nennt sich der Künstler im Berliner Adreßkalender selbst nur ,,Hofmaler in
Miniaturen“. Der Künstler scheint mit der Zeit gegangen zu sein, das farblose
Bildnis in Elfenbein ist künstlerische Ausdrucksform des 17. Jahrhunderts, die
farbige Miniatur entsprach dem 18. Jahrhundert. Die künstlerische Beweg-
lichkeit des Meisters zeigt sich darin, daß er diesen Entwicklungsschritt noch
mitgemacht hat, sie zeigt zugleich, daß es ihm allein auf Bildnisdarstellung
ankam und daß der Werkstoff, in dem er dieses Bildnis gestaltete, eine sekun-
däre Rolle spielte. Diese „Wendung“ konnte Henne nicht schwerfallen: ist
sein Elfenbeinporträt auch im wesentlichen auf Charakterausdruck des Ge-
sichts eingestellt, so ist das Drum und Dran doch, wo es vorhanden ist, nie
knapp registrierte Staffage, sondern stets in Beziehung gesetzt zur dargestell-
ten Persönlichkeit, dieser ein bestimmtes Milieu gebend. Innere Beziehungen
zur Bildnisauffassung eines Philippe de Champaigne oder Rigaud sind bei
ihm immer vorhanden.
Nur scheinbar daher ein ganz anderer geworden, tritt uns dieser Altersstil
des Künstlers in der zwischen 1702 und 1705 entstandenen Miniatur der Königin
Sophie Charlotte von Preußen, der zweiten Gemahlin Friedrichs I., der Freun-
din des Philosophen Leibniz, entgegen (Abb. g). Rechts auf dem Hermelin
die Bezeichnung „hene“ tragend, auf Pergament gemalt, mit einer ovalen
Randeinfassung von gelbem Metall, hat die Miniatur, die sich heute im Hohen-
zollernmuseum, Schloß Monbijou, befindet, eine Höhe von 11,2 und eine
Breite von g,4 cm. Die naturgetreue Charakterbildung des Gesichts, wie sie
für die Elfenbeine der früheren Jahre typisch ist, ist einem zeremonielleren, auf
Schönheit abgestimmten Ausdruck gewichen. Starke Farbigkeit spricht uns
entgegen und kündet eine neue Auffassung des Bildnisses an: das Haar in
dunklen vollen Locken, das tiefausgeschnittene Kleid blau und umrahmt von
einem roten, hermelinbesetzten Mantel, der Grund der Miniatur graublau. Die
seidenweiche Haarbehandlung ist vielleicht das einzige, was der Künstler in
seine neue Darstellungsweise hinübergerettet hat. Von zwei weiteren Miniatu-
ren wissen wir nur aus literarischen und archivalischen Notizen etwas: die
Miniatur der Gräfin Maerta Creutz, geb. Banis (1672—1736), die sich früher in
der schwedischen Sammlung Eichhorn befand, ist ebenso verschwunden wie
die von Nikolai erwähnte Miniatur des preußischen Kronprinzen.
Joachim Henne, das zeigt sich vor allen Dingen bei seinen Elfenbeinen, ist
kein Meister von künstlerischem Eigensinn, er ist sich immer treu geblieben,
stark an einen Zeitstil gebunden, ist er den Wünschen seiner Auftraggeber
stets entgegengekommen, und so zeigt sein Oeuvre, soweit es vor uns liegt,
eine merkwürdige Gleichmäßigkeit, die den nicht in Erstaunen setzt, der die

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