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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 12
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Der Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0644

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Aus der Sammlerwelt und vom Kunsthandel

Beispiel, als eine Beauvais-Tapete mit Su-
jets nach Boucher ausgerufen wurde. Ein
erstes Angebot von 300 Guineen wurde
schnell von Mrs. Kruse, einer Londoner
Sammlerin, überstiegen, die den Schatz
schließlich auch eroberte, freilich für 2000
Guineen. Ihr Sieg wurde mit lautem Bei-
fall begrüßt.
Das Total des ersten Versteigerungstages
betrug rund 10000 Guineen. Es ist das kei-
ne sensationelle Summe, aber die 104 zum
Verkauf angebotenen Nummern bestanden
fast ausschließlich aus kleinen „Objets de
vertu“. Den höchsten Preis des Tages,
nämlich 820 Guineen, erzielte ein kleines
(S1/^ Zoll auf Zoll) englisches Miniatur-
Kabinett aus dem 18. Jahrhundert. Am
zweiten Tage wurden etwas weniger als
15000 Guineen erzielt, wovon allein 2000
Guineen auf ein italienisches Missale ent-
fielen, das einst Horace Walpole gehört
hatte und vor 83 Jahren für 110 Guineen an
Lord Waidegrave übergegangen war. Am
dritten Tage war das Gesamttotal bereits
auf 80000 Guineen hinaufgeschnellt. Den
höchstep. Preis, 3600 Guineen, bezahlten
Mrs. Lewis and Simmons (London, Paris
und New York) für einen entzückenden
Louis XVI.-Mahagoni-Schreibtisch, eine
Arbeit des ebeniste Weisweiler. Neben ih-
nen beteiligte sich als Käufer vor allem
Founes aus Paris und Leopold Davis, New
Bondstreet, London. Am vierten Tage wur-
den die Rothschild-Carnarvon-Gemälde
wie die Gemälde aus dem Besitze des Earl
of Carnarvon versteigert. Das Total dieses
Tages betrug £ 93263. Gesamttotal der vier
Tage: £ 173288. Die Preise sind im einzel-
nen aus den Versteigerungsergebnissen zu
ersehen. Bo.
Aus der Sammlerwelt
und vom Kunsthandel
BERLIN
Im Alter von 71 Jahren verstarb in Berlin
an einem Herzschlag der ehemalige Kon-
servator der Gemäldesammlung zu Baden-
Baden, Direktor J. Th. Schall, eine im

deutschen Kunstleben und zumal bei Händ-
lern una Sammlern bekannte und geschätz-
te Persönlichkeit. Schall, ein Prototyp des
sogenannten Marchand-amateur, hinter-
läßt eine erstklassige Sammlung mit Haupt-
werken der deutschen Malerei aus dem letz-
ten Drittel des ig. Jahrhunderts.
DEN HAAG
Das von Dr. Hofstede de Groot als echt
begutachtete Gemälde von Frans Hals, das
von der Firma Frederic Muller & Co. von
einem Haager Privatmann um 50000 Gulden
gekauft worden war, sich aber bei der Un-
tersuchung durch eine wissenschaftliche
Kommission als eine Kopie aus dem ig.
Jahrhundert herausstellte, wurde durch den
Besitzer unter Rückerstattung der Kauf-
summe zurückgenommen. H.
LENINGRAD
Mit einer gehörigen Verspätung ist von
dem Hinscheiden des Sammlers Wassi-
lij Alexandrowitsch Schtschawins-
kij zu berichten, der in tragischer Weise
den Folgen eines Raubanfalls erlag. Sch.
besaß eine nicht allzu umfangreiche, aber
wertvolle Sammlung von Gemälden alter,
in erster Reihe holländischer Meister, be-
tätigte sich auch kunstschriftstellerisch und
befaßte sich, als Chemiker von Beruf, viel
mit Untersuchungen über die Zusammen-
stellung der alten Malmittel im Westen und
bei den russischen Ikonenmalern.
Der Verstorbene hat igi7 einen wissen-
schaftlich bearbeiteten, reich illustrierten
Katalog seiner Sammlung — Kollektion W;.
Stchawinsky, Petrograd — herausgegeben,
welcher dem Andenken Ssemjonoff-Tjan-
schanskijs gewidmet war und in der Tat
unter den ganz wenigen erschöpfenden Ka-
talogen neuerer russischen Kunstsamm-
lungen eine der ersten Stellen einnimmt.
Ein in diesem Katalog u. a. aufgeführtes
Doppelbildnis, das der Verfasser I. H. Fra-
gonard zugeschrieben hatte, erwies sich als
Werk von dessen in München tätig gewe-
senem Landsmann Paul Goudreaux. —
P. E.

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