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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 17.1925

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Heft 15
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Der Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.42040#0798

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DER KUNSTMARKT

VOM AMERIKANISCHEN KUNST-
MARKT
Außer dem Ankauf des angeblichen Raf-
fael aus der Sammlung Huldschinsky ließen
Duveens noch den eines Rembrandtschen
Selbstporträts von Mr. Anthony F. Rayne
in London um, wie es heißt, £ 50000 be-
kannt werden. Mr. Tatlock hat dieses Bild
in der Juninummer des Burlington Maga-
zine veröffentlicht. Es gleicht dem in der
Dresdener Galerie befindlichen Selbstpor-
trät des Meisters, auf dem er sich zeich-
nend dargestellt hat. Ein Vergleich des neu
entdeckten Bildes mit dem in Dresden be-
findlichen hat ergeben, daß das Dresdner
Exemplar wohl nur eine spätere Kopie von
alnderer Hand ist. Der neue Rembrandt
dürfte wohl auch bald genug in Neuyork
landen. Ein weiterer, vor kurzem aus Eu-
ropa herübergebrachter neuentdeckter Rem-
brandt, Saskia darstellend, hat einen Platz
in der an Bedeutung ständig wachsenden
Sammlung des Mr. Jules Bache gefunden,
der während der eben verflossenen Saison
auch einen hervorragend schönen van Dyck
aus der Genueser Periode dieses Meisters
erworben hat. Mr. Widener, der Groß-
sammler, hat u. a. Tizians „Venus und Ado-
nis“ aus der Lord-Spencer-Sammlung, eine
der verschiedenen Versionen dieses The-
mas, angekauft. Eine andere Version die-
ses Gemäldes, aus der Earl-Damley-Samm-
lung stammend, trug bekanntlich Anfang
Mai auf einer Londoner Auktion nur
£ 2415 ein, die Messrs. Knoedler zahlten.
Großes Aufsehen hat hier in den beteilig-
tenKreisen der vor ein paar Monaten in Ber-
lin erschienene Aufsatz des Geheimrats Max
J. Friedländer über amerikanische Samm-
lungen erregt. Das eigentümliche Verhält-
nis von amerikanischem Sammler und
Kunsthändler z. B., das sich mit der Zeit
so sehr gewandelt hat (und noch mehr
wandeln wird), hat Friedländer mit siche-
ren Strichen umrissen, indem er das Haupt
der Firma Duveen, den Sir Joseph Duveen,
gleichsam als den Urtypus des modernen
amerikanischen Händlers, in seiner glän-
zenden Tätigkeit darstellt, wiewohl ja, und
das ist eigentlich recht köstlich, dieser
Mann doch ein „englishman“ ist, was schon
sein Titel verrät! Jeder europäische Händ-
ler, der in Amerika Geschäfte zu machen
wünscht, sollte diesen Artikel auf das ein-
gehendste studieren und gewisse Stellen
aus ihm sich auf immer einprägen. Er
könnte dadurch nicht nur viel profitieren,
sondern sich auch manche unliebsamen
Erfahrungen ersparen. Geheimrat Fried-
länder aber hat sich mit diesem Aufsatz
die ganzen deutschen Kunstkreise zu sei-

nen Schuldnern gemacht. Das kann gerade
der, der an Ort und Stelle ist und die Ver-
hältnisse seit Jahren beobachtet, am besten
beurteilen, und deshalb möchte ich hier
mit Nachdruck auf diese Darstellung des
amerikanischen Sammelwesens hingewie-
sen haben.
Die Auktionssaison des verflossenen
Halbjahres war keine glückliche, wiewohl
das eine große Neuyorker Auktionshaus,
die Anderson Galleries, sich klug den Um-
ständen anzupassen wußten und durch
zahlreiche kleinere Versteigerungen, na-
mentlich altamerikanischer Kunstmöbel
und dergleichen, einen bedeutenden Umsatz
erzielten. Die American Art Galleries aber,
die für ihre „großen Auktionen“ berühmt
war, glaubte offenbar, sie müsse, wenn sol-
che nicht zu haben seien, sie einfach kre-
ieren! Und so wurden unbedeutende, ja ge-
radezu minderwertige Sammlungen mit
Hilfe riesiger Reklame zu solchen von
höchster Bedeutung umgewandelt — frei-
lich nur auf dem Papier. Und die Resul-
tate waren denn auch dementsprechend. F.
STATTGEHABTE
VERSTEIGERUNGEN
LONDON
Die Versteigerung alter Meister bei
Christie am 26. Juni wurde von verschie-
denen Überraschungen belebt. Da war ein-
mal Sir Josua Reynolds Porträt der Mrs.
Gore, das von 500 auf 3500 Guineen hinauf-
getrieben wurde und zu diesem Preis an
Messrs. Lewis and Simpson fiel, mit Mr.
Permain als Unterbietet. Eine zweite Über-
raschung, wenn auch von verschiedener
Art, bedeuteten die ig Gemälde des Lord
Churston of Lupton, die sich früher in der
Sammlung des Earl of Morton befunden
hatten und von denen verschiedene auf der
berühmten Morton-Auktion des Jahres 1850
zur Versteigerung gekommen waren. Eines
der Bilder, ein Selbstporträt Rembrandts,
hatte damals 6 Guineen abgeworfen. Das
erste Angebot bei Christie betrug 200 Gui-
neen. Schließlich fiel es für 1350 Guineen
an Mr. Zincke, einen bekannten Restaura-
tor alter Gemälde. Ein interessantes Bild
der Versteigerung war das Porträt eines
jungen Mannes, das Velasquez zugeschrie-
ben wurde und aus einem Hause in York-
shire stammte. Die Experten gaben sich
alle Mühe, ihr wirkliches Interesse für das
Porträt zu verbergen. Aber sehr schnell
hatte es 1000 Guineen erreicht. Sein neuer
Besitzer ist Mr. James Spencer Payne. Wei-
tere Angaben befinden sich in den Verstei-
gerungsergebnissen dieses Heftes. Bo.

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