wie sie in Düsseldorf nur privater Initiative (Galerie Flechtheim; Graphisches
Kabinett) gelangen. Erinnert sei nur an Denekens Ausstellung französischer
Impressionisten, ferner an Reiches erste Ausstellung Franz Marc’scher Gemälde
(es war wirklich die erste, wie der Künstler gerne gestand, die ihm in einer
Zeit Erfolg und Verkäufe einbrachte, da er in München kaum ernstgenommen
wurde). Gosebruch hat mit großer Konsequenz für Nolde, Schmidt-Rottluff,
Heckel und Kirchner geworben. Hagelstanges Hauptverdienst war jene große
Sonderbundausstellung in Köln am Aachener Tor, die 1912 zum eigenen Er-
staunen der Künstler die noch gesunde expressionistische Richtung aller euro-
päischen Nationen als etwas Einheitliches, auf gemeinsame Ahnen Zurückgehen-
des erwies. Seehaus, Campendonk, Max Ernst und andere Künstler von Rang
haben mir oft gesagt, daß sie dieser Veranstaltung mehr als Anregung verdank-
ten: was in den damals blutjungen Menschen als unbestimmter Drang, als in-
stinktive Abwehr gegen das versteinerte Können der Düsseldorfer Malergrößen
lebte, wurde hier bestätigt und in seiner Eigenart auf das stärkste gefördert.
Für den Verfasser dieser Zeilen, die nichts als Rückblick und Orientierung sein
wollen, ist es eine beglückende Erinnerung, an jener denkwürdigen Ausstellung,
in der Cezanne, van Gogh und Munch stolze Ehrensäle vorbehalten waren, lei-
tend mitgearbeitet zu haben.
Der Sonderbund zerfiel — o dieses Satyrspiel der Schmähschriften auf Zan-
derspapier mit Ehmcketypen! — und Düsseldorf, von dem dieser Bund seinen
Ausgang gewonnen hatte, war für alles Neuere ohne Führerschaft. Die städti-
sche Galerie, an die 1913 Karl Koetschau berufen wurde, ist noch heute wie
damals durch unerträgliche Raumnot gefesselt, trotzdem hat auch sie unter den
schwierigsten Verhältnissen, dazu maßlos angefeindet durch die verbitterten äl-
teren Künstlern nahestehende Presse, einen gewichtigen Teil Aufklärungsarbeit
im Sinne junger Kunst geleistet. Das Ausstellungswesen ist in Düsseldorf von
der Galerie getrennt und dem „Verein Düsseldorfer Künstler“ unterstellt. Wenn
diese „Kunsthalle“ versagte, so haben der Dr. med. Hans Koch, heute leider kein
Düsseldorfer mehr, in seinem während des Krieges eröffneten graphischen Ka-
binett und natürlich Alfred Flechtheim mit um so größerem Erfolge einer Ent-
wicklung vorgearbeitet, die 1924 zu der für Nichteingeweihte sensationellen Be-
rufung Walter Kaesbachs an die Spitze der Kunstakademie führte. Neuerdings
hat auch der Kunstsalon des jungen Paul Vautier, eines Enkels des Malers, in
kluger Auswahl Kunst von heute, von Düsseldorfern, von Hofer, Haller und den
Franzosen gebracht. Bei Frau Ey schließlich, unmittelbar neben der Kunsthalle,
stellen die Radikalsten aus; dort hat auch Dix seine ersten Triumphe am Rhein
gefeiert. In Köln schließlich brachte, aller Opposition zum Trotz, Hans F. Secker
einen frischen Zug in das vom Historischen eher angekältete als belebte Mu-
seumswesen. Als Pionier von O. Dix, Nolde, Heckel und anderen Meistern neu-
deutscher Kunst wirkte dort mit großem Geschick der Kunsthändler Karl Nieren-
dorf (neuerdings in Düsseldorf ansässig). Der Kölnische Kunstverein hat beson-
ders mit der gemeinsam mit dem Verfasser dieser Zeilen durchgeführten Aus-
stellung von 1918 „Das junge Rheinland“ (die so benannte Düsseldorfer Künstler-
gruppe wurde erst später von den Malern Uzarski und Kaufmann begründet) ein
großes Verdienst sich erworben, auch späterhin mit jener merkwürdigen Mi-
schung von Temperament und Gelassenheit, die Walter Klug, seinen Leiter,
auszeichnet, für Einheimisches und Fremdes sich eingesetzt. Nie darf vergessen
werden, mit wieviel äußeren Schwierigkeiten alle Kunstinstitute, vor allem die
Künstlerschaft selbst, im besetzten Gebiete zu kämpfen haben, Schwierigkeiten,
die während des Ruhrkampfes und nachher zu einer unerträglichen Verkapselung
führten. Fortsetzung folgt.
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Kabinett) gelangen. Erinnert sei nur an Denekens Ausstellung französischer
Impressionisten, ferner an Reiches erste Ausstellung Franz Marc’scher Gemälde
(es war wirklich die erste, wie der Künstler gerne gestand, die ihm in einer
Zeit Erfolg und Verkäufe einbrachte, da er in München kaum ernstgenommen
wurde). Gosebruch hat mit großer Konsequenz für Nolde, Schmidt-Rottluff,
Heckel und Kirchner geworben. Hagelstanges Hauptverdienst war jene große
Sonderbundausstellung in Köln am Aachener Tor, die 1912 zum eigenen Er-
staunen der Künstler die noch gesunde expressionistische Richtung aller euro-
päischen Nationen als etwas Einheitliches, auf gemeinsame Ahnen Zurückgehen-
des erwies. Seehaus, Campendonk, Max Ernst und andere Künstler von Rang
haben mir oft gesagt, daß sie dieser Veranstaltung mehr als Anregung verdank-
ten: was in den damals blutjungen Menschen als unbestimmter Drang, als in-
stinktive Abwehr gegen das versteinerte Können der Düsseldorfer Malergrößen
lebte, wurde hier bestätigt und in seiner Eigenart auf das stärkste gefördert.
Für den Verfasser dieser Zeilen, die nichts als Rückblick und Orientierung sein
wollen, ist es eine beglückende Erinnerung, an jener denkwürdigen Ausstellung,
in der Cezanne, van Gogh und Munch stolze Ehrensäle vorbehalten waren, lei-
tend mitgearbeitet zu haben.
Der Sonderbund zerfiel — o dieses Satyrspiel der Schmähschriften auf Zan-
derspapier mit Ehmcketypen! — und Düsseldorf, von dem dieser Bund seinen
Ausgang gewonnen hatte, war für alles Neuere ohne Führerschaft. Die städti-
sche Galerie, an die 1913 Karl Koetschau berufen wurde, ist noch heute wie
damals durch unerträgliche Raumnot gefesselt, trotzdem hat auch sie unter den
schwierigsten Verhältnissen, dazu maßlos angefeindet durch die verbitterten äl-
teren Künstlern nahestehende Presse, einen gewichtigen Teil Aufklärungsarbeit
im Sinne junger Kunst geleistet. Das Ausstellungswesen ist in Düsseldorf von
der Galerie getrennt und dem „Verein Düsseldorfer Künstler“ unterstellt. Wenn
diese „Kunsthalle“ versagte, so haben der Dr. med. Hans Koch, heute leider kein
Düsseldorfer mehr, in seinem während des Krieges eröffneten graphischen Ka-
binett und natürlich Alfred Flechtheim mit um so größerem Erfolge einer Ent-
wicklung vorgearbeitet, die 1924 zu der für Nichteingeweihte sensationellen Be-
rufung Walter Kaesbachs an die Spitze der Kunstakademie führte. Neuerdings
hat auch der Kunstsalon des jungen Paul Vautier, eines Enkels des Malers, in
kluger Auswahl Kunst von heute, von Düsseldorfern, von Hofer, Haller und den
Franzosen gebracht. Bei Frau Ey schließlich, unmittelbar neben der Kunsthalle,
stellen die Radikalsten aus; dort hat auch Dix seine ersten Triumphe am Rhein
gefeiert. In Köln schließlich brachte, aller Opposition zum Trotz, Hans F. Secker
einen frischen Zug in das vom Historischen eher angekältete als belebte Mu-
seumswesen. Als Pionier von O. Dix, Nolde, Heckel und anderen Meistern neu-
deutscher Kunst wirkte dort mit großem Geschick der Kunsthändler Karl Nieren-
dorf (neuerdings in Düsseldorf ansässig). Der Kölnische Kunstverein hat beson-
ders mit der gemeinsam mit dem Verfasser dieser Zeilen durchgeführten Aus-
stellung von 1918 „Das junge Rheinland“ (die so benannte Düsseldorfer Künstler-
gruppe wurde erst später von den Malern Uzarski und Kaufmann begründet) ein
großes Verdienst sich erworben, auch späterhin mit jener merkwürdigen Mi-
schung von Temperament und Gelassenheit, die Walter Klug, seinen Leiter,
auszeichnet, für Einheimisches und Fremdes sich eingesetzt. Nie darf vergessen
werden, mit wieviel äußeren Schwierigkeiten alle Kunstinstitute, vor allem die
Künstlerschaft selbst, im besetzten Gebiete zu kämpfen haben, Schwierigkeiten,
die während des Ruhrkampfes und nachher zu einer unerträglichen Verkapselung
führten. Fortsetzung folgt.
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