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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

DOI issue:
Heft 15/16
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Hugelshofer, Walter: Die altdeutschen Bilder der Sammlung Schloss Rohoncz
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0438
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kaum mehr zu erwerben sind, als insbesondere an die zahlreichen weniger gekannten,
doch deshalb oft nicht weniger schätzenswerten und reizvollen Meister, von denen die
Sammlung bereits mehrere so schöne Proben enthält. Um Namen zu nennen: Pacher
und sein Kreis, der Hausbuchmeister, Zeitblom, Holbein d. Ä., der Meister von Meß-
kirch, Wolf Huber. I)ie deutsche Kunst hat sich weniger im Lichte der Geschichte ab-
gespielt als etwa die italienische. Die mehr oder weniger zufällig erhaltenen Namen
sind durchaus nicht immer mit den besten Werken verknüpft. Die Urheher so man-
clien vortrefflichen Stückes werden uns vielleicht nie mit Namen bekannt werden.

Die erstaunliche Vielfalt der Erscheinungen und der Reichtum künstlerischer Tem-
peramente machen einen Hauptreiz der deutschen Malerei aus. Soll ihr Bild vollständig
sein, so kann keineswegs auf eine stattliche Vertretung der anonymen Meister ver-
zichtet werden. Es gibt eine stolze, noch immer sich mehrende Fülle noch nicht be-
nannter oder nur mit Notnamen zu benennender Meisterwerke der deutschen Malerei
von den intimen Täfelchen der Wiener Gruppe des frühen bis zur Kölner Schule des
späten 15. Jahrhunderts. Hier können nocli immer mit sorgsam wählender Hand Kost-
harkeiten geborgen werden. Die deutsche Kunst der Spätgotik von ihren Anfängen
im 14. bis zu ihrem Ausklingen gegen die Mitte des 16. Jahrbunderts wird als eine
zu allererst, ja fast ausschließlich kirchliche Kunst (im Gegensatz etwa zur bürgerlichen
Malerei Hollands im 17. Jahrhundert) nur sehr einseitig, wenn nicht irreführend re-
präsentiert durch eine an sich noch so vortreffliche Auswahl von Bildnissen und genre-
haften Gemälden. Wenn religiöse Kompositionen in größerer Zahl, ja sogar das eine
oder andere Altarwerk mit Schnitzfiguren im Schrein hinzutreten könnten, würde da-
mit der Akzent glücklich verschoben. Man kann sicli die heutige altdeutsche Abteilung
der Sammlung Schloß Rohoncz sehr wohl als den ausbaufähigen, stattlichen Kern einer
eindrucksvollen Dokumentierung deutscher Malerei in ihrer Blütezeit denken.

Wenn wir auf einige der Werke etwas näher eingehen, so folgen wir dem von Dr. Iludolf
Heinemann gewissenhaft abwägend und umsichtig redigierten, mit vielen Tafeln ge-
schmückten Katalog, der zu einem erfreulich billigen Preis abgegeben wird.

Die vielfältig erfreuende, liebenswerte Begabung des Albrecht Altdorfer kommt
am stärksten und eindrucksvollsten zum Ausdruck. Nicht weniger als vier Werke, das
meiste und beste, was von diesem im Handel äußerst seltenen Meister in den letzten
Jahren auf denMarkt kam, dokumentieren dieSpannweite seiner gewinnenden und poesie-
vollen Kunst. Die beiden Altarflügel mit Szenen aus dem Marienleben (Abb. 2), zu denen
sich auch die zugehörigen Außenseiten erhalten haben sollen, sind am besten als Früh-
werke des Meisters zu verstehen, als Arbeiten eines genialen Draufgängers. Es gelingt
ihm in glücklichem Wurfe Vieles, an das er sich später nur mehr zögernd und über-
legter gewagt liätte. Man muß wohl an die ersten Arbeitsjahre denken, die Zeit
zwischen 1505 und 1510. Was einem aufs erste als ungewohnt für Altdorfer er-
scheinen mag, wird durch die Bestimmung der Bilder als Altarflügel genügend erklärt.
Es sind eben niclit wie die meisten der in Museen hängenden Tafeln miniaturhaft
durchgeführte Sammlerstücke, sondern Teile eines Altares, der auch im Dämmer einer
Kirche noch verständlich zu sein hatte. So erklären sich auch die ungewöhnlich inten-
siven Farben, für die es in der Malerei des 15. Jahrhunderts Präzedenzfälle gibt,
und auch die relativ großen Formen. Die farbige Struktur ist für den Stimmungs-
gehalt der Tafel in erster Linie ausschlaggebend. Um Arbeiten eines Meisters aus dem
im einzelnen noch wenig erforschten Kreise der Schüler und Nachahmer kann es sich
nicht handeln. Sie sind wesentlich feiner gearbeitet und, wie man wohl auch sagen
darf, früher entstanden als die Arbeiten der Nachfolger, die erst gegen i 52o einsetzen.
Es ist notwendig, daß sich unsere Vorstellung von Altdorfers Art, die allzusehr an die
miniaturartig durchgearbeiteten kleinen Bilder gebunden ist, ändere, damit nicht ferner
 
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