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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 15/16
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Scharf, Alfred: Die italienischen Gemälde der Sammlung Figdor
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0450
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Florenz, um 1450 Die Legende des hl. Nicolaus von Bari

DIE ITALIENISCHEN GEMÄLDE DER SAMM-

LUNG FIGDOR VON ALFRED SCHARF

Albert Figdor hat seine Gemälde nur als integrierenden Bestandteil seiner Sammlung
gelten lassen wollen. Ihm erschien in vielen Fällen ein Motiv, das Bezielxungen zu
anderen Abteilungen erschloß, wichtiger als der klingende Narne des Autors. Es wäre
aber verfehlt zu glauben, daß der künstlerische Wert der Werke vor dem kultur-
geschiclitlichen zurückstehen würde. Trotzdem Figdor kein Bildersammler im eigent-
lichen Sinne war, wird man unter seinen Gemälden kaum ein gleicligültiges Werk
finden. So manches Stück, das er namenlos erstand, hat sicli im Laufe der Jahre als
Werk eines großen Meisters entpuppt. Dafür zeugen die Arbeiten von Quinten Massys
und Hieronymus Bosch, RuelandFrueauf und Jörg Ratgeb, Bernhard Strigel und Barthel
Bruyn. Nicht zuletzt ein bisher einem süddeutschen Meister um 1510 zugeschriebenes
Brustbild eines Mannes, das neuestens als Gemälde Dürers angesprochen wird.

Eine besondere Heraushebung der italienischen Bilder bedarf keiner Begründung. Über-
rascht doch gerade in dieser Abteilung die Fülle'der künstlerischen wie kulturgeschicht-
lichen Gesichtspunkte. Vor allem war es liier die florentinische und sienesische Malerei
des Quattrocento, die den Sammler weit vor der allgemeinen Schätzung dieser Zeitspanne
anzog. Aus früherer Zeit ist lediglich eine unter byzantinischem Einfluß entstandene
Madonna von Bedeutung, die einer um 1 200 geschaffenen thronenden Madonna in der
Florentiner Akademie (Abb. bei van Marle, Italian schools of painting, I, S. 552) sehr
nahesteht. Eine zweite Madonnenkomposition führt zweihundert Jahre später. Groß-
flächige, faltenlose Gewandbehandlung steht im Gegensatz zur rundlichen naturalisti-
schen Bildung des Mariengesichts und des Kinderkörpers. Van Marle hat vielleicht dieses
Gegensatzes wegen das Gemälde der Schule der Marken zugewiesen, während Planiscig
(Wiener Jahrbucli, 1926, S. 89) versuchsweise den Venezianer Jacobello del Fiore
in Vorschlag brachte. Die naturalistischen Elemente und die außerordentliche Qualität

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