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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Het 21/22
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Huth, Hans: Möbel aus preussischen Schlössern in der Ausstellung der Akademie
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0574
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Cressent, Paris um 1735 Kommode

Schloß Wilhelmstal

ehemaligen Besitzer auf holländische Herkunft. Historisch interessant ist ein Kabinett-
schrank mit zwei Gueridons (400, 598), deren Herkunft aus dem Heidelberger Scliloß
sicher nachzuweisen istj dieses Mohiliar stellt also wohl das einzig erhaltene aus der
reichen Ausstattung des Schlosses dar. Weiterhin ist aber der Schrank wichtig wegen
seiner eigenartigen Technik: der Grund zwischen den Zinneinlagen und den schweren
rahmenden Zinnleisten ist ausgefüllt mit hintermalten und durchsichtig gemachten
Hornauflagen. Diese ganz ungewöhnliche Technik wurde von dem Meister H. D. Sommer
in Künzelsau am Ende des 17. Jahrhunderts ausgeübt. Mit ebenfalls sehr reichen Zinn-
einlagen ist ein andererKabinettsclirank(Abb.S. 539 [41 o]) dekoriert, denein Antwerpener
Kunsttischler im Jahre 1700 dem Bischof von Trier lieferte. Die zeitliche und örtliche
Fixierung dieses Möbels ist aufschlußreich, stellt es doch den Typ eines weitver-
breiteten Antwerpener Exportartikels dar. Vielleicht ist Antwerpen auch der Her-
kunftsort eines sehr zierlichen kleinen Schreibtisches aus Monbijou (6), der mit gra-
vierten Messingeinlagen, auf denen mittels Chinoiserien Jagdszenen und Wissen-
schaften dargestellt sind, dekoriert ist^ dazwischen blitzt grüngefärbter Bein- oder
gravierter Perlmutterbelag auf. Wichtig für die Kenntnis der Chinoiserie-Lackmöbel
ist ein Münzschrank (390), der früher der Kunstkammer gehörte. Auf Grund der
Übereinstimmung des Schrankes mit einem zeitgenössischen Kupfer aus einer Pu-
blikation Lorenz Begers hat C. F. Förster in ihm eine Arbeit des in Berlin tätigen
Gerard Dagly erkannt. Mit Hilfe dieser selir einleuchtenden Zuschreibung lassen sich
vielleicht noch andere Arbeiten dieses Künstlers bestimmen. Zwei weitere Kabinett-
schränke (Monbijou 392, Charlottenburg 397), ebenfalls vom Ende des 17. Jahr-
hunderts, sind farbig sehr reizvoll in chinesischer Manier auf hellem Grunde dekoriert.
Einige Petit-Point-Stülile (391) und eine Reihe von sechs mit sehr seltenem liollän-
dischen Wollsamt bezogenen Stühlen (447) in leuchtenden roten und blauen Farben
runden das Bild der Wohnkultur des 17. Jahrhunderts ab. Praclit und häufig Ab-
sonderlichkeit des Werkstoffes geben im Verein mit einer etwas steifen Würde diesett
Möbeln das Gepräge.

Einige Möbel aus der ersten Einrichtung des Schlosses Charlottenburg geben Proben

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