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396 BRAUWEILER: KAPITELSAAL.

scheinen zu lassen. Man wird sich darum damit begnügen müssen, in diesem Bilde eine Aufforderung
zum Bau der ersten Kapelle oder auch vielleicht des Kapitelsaales zu erblicken, ohne die Bestimmung der
beiden Personen treffen zu können."

In dem Zentralbau der von uns als die große Babel gedeuteten Stadt im Stirnbogen der nördlichen
Fensterarkade der Westwand vermutete aus'm Weerth eben jene Kapelle. Wir müssen uns, zumal das
Bild nicht mehr vorhanden ist, einer Deutung enthalten.

II. Nordwand. Ehemalige Bilder der Südwand.

1. Östlicher Stirnbogen. Ehemaliger westlicher Stirnbogen der Südwand (Taf. XXVI, Fig. 281).

In der Mitte steht en face barfuß und barhäuptig mit ornamentiertem goldenem Kreuznimbus der
Heiland, mit kurzem geteiltem Bart und langen dunklen Locken, angetan mit blauem Gewand und gelb-
lichem, grün gefüttertem Mantel. Er hat mit beiden wagerecht ausgestreckten Armen je eine weibliche
Heilige am Handgelenk erfaßt, um die ihre Arme flehend zu ihm erhebenden dem Rachen je eines in
die Zwickel komponierten sich bäumenden und krümmenden, grauen und gelben, rot-grün, bzw. rot-
gelb - grau geflügelten
Drachen zu entreißen.
Die Frauen tragen
graues bzw. grünes Ge-
wand, darüber einen
gelben, rotgefütterten
bzw. grauen, rotgefüt-
terten über den Kopf
gezogenen Mantel. Fast
bis zu den Knieen im
Rachen der Untiere
steckend, haben sie ihr
Antlitz bittend zu ihm
erhoben, der geradeaus
sieht.

Auf dem weißen
Randstreifen gleich un-
ten links die Buch-

Fig.280. Brauweiler. Verschwundenes Wandbild (nach aus'm Weerlh). .r

staben p • r • e, offen-
bar Initialen dreier Worte. Die auf dem roten Streifen bei aus'm Weerth mitgeteilten Worte rvni
(rvnt) ora leonvm sind heute übermalt. Sie lassen sich unter Zugrundelegung der Stelle bei Dan. 6,
v. 21 in non nocuerunt ora leonum vervollständigen. Die beiden heiligen Frauen stellen wohl allgemein
Seelen dar, die Christus dem Rachen der beiden Drachen entreißt, die
Tod und Hölle bedeuten.

2. Westlicher Stirn bogen. Ehemaliger östlicher Stirnbogen der Südwand (Fig. 282).
Rechts in der Ostecke liegt ein König in dunklem graublauem Gewand auf einem Ruhebett mit

hellem graublauem Bezug, schlummernd. Das mit goldener Reifmütze geschmückte Haupt ruht auf
dunkelrotem, mit goldenen Ringen besticktem Kissen. Vor ihm entfaltet sich das Bild seines Traumes:
Auf grüner Wiese weiden allerlei Tiere des Feldes. In der Mitte steht ein prächtiger Baum, in dessen
Zweigen Vögel des Himmels sitzen. Zwei Männer in gelbem Rock, rötlichen engen Beinkleidern und grauen
Schuhen schwingen die Axt gegen seine Wurzeln, das Gebot erfüllend, das auf dem Spruchband des rechts
neben der Krone des Baumes auf roten Flügeln herniederschwebenden und mit bläulichem Gewand
und gelblichem Mantel bekleideten Engels zu lesen steht: succidite arborem et dissipate illam. Es
ist genau mit den Worten Dan. 4, v. 7—14 der T r a u m d e s K ö n i g s N e b u k a d n e z a r dargestellt,
wie dieser ihn selbst dem Daniel erzählte. „Die Gesichte meines Hauptes auf meinem Lager waren
diese: Ich schaute hin, da war auf einmal mitten auf der Erde ein Baum von außerordentlicher Höhe
 
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