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Clemen, Paul
Die romanische Monumentalmalerei in den Rheinlanden — Düsseldorf, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.22845#0771
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vorhänge und teppiche in ihrer einwirkung auf die monumentalmalerei.

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jenen älteren Teppichen von Herrenzimmern. Die Teppichkunst hat sich jetzt alle Gebiete der Dar-
stellung erobert.

Ein velum templi, ein Hungertuch, war der große Stoff, der sich bis 1875 in St. Aposteln zu Köln
befand. Das große Tuch war ein velum pictum; an Stelle der mühsamen Ausführung in Stickerei war die
Darstellung in Farbe auf den schweren grauen Leinenstoff aufgetragen. Nur eine dürftige Zeichnung
von Mehring (Fig. 489) gibt uns heute einen Begriff von diesem merkwürdigen Werk. Dargestellt war die
Mutter Gottes zwischen den Aposteln in ganz symmetrischer Anordnung und monumentaler Auffassung.
In der Borte am Fuß erschien zwischen zwei Medaillons mit den Evangelistensymbolen die Stifterin
(oder der Stifter?). Wenn auch die Zeichnung sehr dilettantenhaft und verwaschen ist, so zeigt sie doch
deutlich, daß die Arbeit noch an den Schluß der Schöpfungen im fließenden zeichnerischen Stil gehört53.

In ganz anderer Technik, in Platt- und Kettenstich, ist die buntfarbige Leinenstickerei ausgeführt, die
sich, 3,10 m lang, in dem Schrein der h. Ewalde in St. Kunibert zu Köln gefunden hat. Sie zeigt eine wohl

Fig. 491. Sächsische Stickerei im Fürst-Otto-Museum zu Wernigerode.

sicherlich kölnische Arbeit auch noch aus der letzten Zeit des fließenden Stiles in noch sehr strengen
archaischen Formen (Fig. 490)54.

Die Stickereien des 13. Jh. geben uns dann noch viel deutlicher eine direkte Parallele zu dem gleich-
zeitigen Stil der Wandmalereien — sie zeigen uns zugleich, wie solch eine wandernde Stickerei den monu-
mentalen Stil in die Ferne tragen konnte. Man vergleiche etwa die wundervolle Umrißstickerei in

53 Noch 1871 hing der Teppich auf der Epistelseite des
Chores der Kirche, nach der Legende als Bahrtuch der Rich-
modis von Aducht bezeichnet, die aber erst 1350 starb.
Im Jahre 1875 verbrannt. Vgl. Bock, Geschichte der
liturg. Gewänder III, S. 141. - - Ders., Das h. Köln, St.
Aposteln Nr. 8. — Ewald in den Kunstdenkm. d. Stadt
Köln I, II, S. 165. Über die Hungertücher C. A. Savels in
der Zs. für christl. Kunst VII, 1894, Sp. 179. - - Tapecia
picta z. B- auch erwähnt in Mainz: Christian! chron.
Mogunt.: Mon. Germ. SS. XXV, p. 239. Gemalte Vorhänge
sind es auch, die im Kloster Senones bei Metz im 12. Jh.

erwähnt werden. Vgl. Vita Antonii abbatis Senonensis:

Mon. Germ. SS. XXV, p. 347:

Item cortinas studuit conquirere binas
Mirifice pictas, nullis ut spero secundas.

54 Vgl. A. Ditges, Stickerei a. d. Schrein der h. Ewaldi in
St. Kunibert in Köln i.Zs. f. christl. Kunst II, 1889, Sp. 311. —
Kraus, Christi. Inschriften der Rheinlande II, Nr. 540. —
Ewald i. d. Kunstdenkmälern d. Stadt Köln II, I, S. 304.

55 Doering u. Voss, Meisterwerke d. thüringisch-sächs.
Kunst Taf. 25. - Lehnert, Illustr. Geschichte des Kunst-
gewerbes I, S. 345.

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