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die rheinische monumental vi alere i.
die um ein Vierteljahrhundert später geschaffenen großen monumentalen Erzengel auf dem aus
St. Pantaleon in Köln stammenden Maurinusschrein entgegen! Es ist ersichtlich die Weiterbildung
jenes auf dem Aachener Radleuchter, auf dem Darmstädter Kuppelreliquiar uns zuerst entgegen-
tretenden strengen Stiles. Mit welch großartiger Würde erscheinen hier die Erzengel, von welch
zwingender Macht ist die bedeutende Handbewegung des Cherubin und Seraphin (Fig. 518)113!
Von selbst führen diese Zeichnungen der Goldschmiedewerke zu den Treibarbeiten an denselben
großen Tumben und damit auf die plastischen Denkmäler. Die frühen Apostelfiguren am Heri-
bertschrein zeigen noch merkwürdig runde, weiche Formen, die ganz aus der noch unentwickelten
Treibtechnik geboren zu sein scheinen, aber ersichtlich ist hier in der plastischen Sprache der fließende
Stil viel entwickelter als in jenen steifen und hieratischen emaillierten Prophetenfiguren. Gehören diese
Apostelfiguren auch der Maaswerkstatt an, sind sie in einem Kölner Atelier entstanden? Die übrigen
großen Schreine Kölns sind leider sämtlich ihrer silbergetriebenen Figuren beraubt bis auf den Drei-
königenschrein - - und dessen plastischer Schmuck gehört wieder einer anderen westlichen Schule an,
der des Nikolas von Verdun. So fehlen uns gerade an den Kölner Arbeiten die Vergleichspunkte.
Der Altaraufsatz aus St. Kastor in Koblenz, der in das Clunymuseum gekommen ist, zeigt einen viel-
fach den Skulpturen des
Heribertschreines ver-
wandten Stil: eine ganz
ähnliche Art, die Glie-
der, zumal die Ober-
schenkel und die Knie,
rund durch die an-
gezogene Gewandung
durchzumodellieren114.
Nur angedeutet
werden kann hier die
Entwicklung in der
Steinplastik. Ganz
augenfällig ist die Ver-
wandtschaft mit den zu-
letzt genannten Treib-
arbeiten. Auch hier die
gleiche Äußerung des
Formenwillens in der
Sprache des fließenden Stiles. Da ist jene Kölner Gruppe, an deren Spitze das Tympanon von St. Cacilia
steht, mit der in starrer Frontansicht gehaltenen Halbfigur der Patronin zwischen den in symmetrischer
Haltung vor ihr sich neigenden Heiligen Tiburcius und Valerianus, das bald nach der Mitte des
12. Jh. entstanden sein muß115.
Auch für ein anderes plastisches Werk in Köln gibt uns der Zusammenhang mit der baulichen Anlage
einen Anhalt für die zeitliche Ansetzung auf das 3. Viertel des 12. Jh.: es ist das jetzt im Kreuzgang des
Museums Wallraf-Richartz befindliche, aus der Kirche St. Pantaleon stammende schöne Tympanon,
Fig. 519. Köln. Tympanon an der Cäcilienkirche.
113 v. Falke a. a. 0. S. 40, 128, Taf. 44—48, VI—XIII. 114 Viollet-le-Duc, Dictionnaire raisonne du mobilier
Vor allem die beiden Farbentafeln Xu. XI mit der Wieder- frangais I, p. 233. — v. Falke, Schmelzarbeiten Taf. 93. -
gäbe der Engel in Originalgröße. - - H. Rahtgens in den F. Michel, Der Altaraufsatz von St. Kastor: Mitteil. d.
Kunstdenkmälern der Stadt Köln II, I, S. 328. Nach den Rhein. Ver. f. Denkmalpflege u. Heimatschutz II, 1908,
Zusammenhängen der Zeichnungen an diesen Schreinen, S. 66.
ihren Vorbildern und Verwandten, der Entwicklung ihres 115 Vgl. Rohault de Fleury, Les saints de la messe I,
Stiles ist bislang noch nie im ganzen Umfang gefragt worden, p. 121, pl. 64. — Katalog der Kunsthistor. Ausstellung
Hier würden vor allem die gleichzeitigen Bilderhandschriften Düsseldorf 1902, Nr. 25. — Clemen, Die rhein. u. westfäl.
zu befragen sein. Eine Arbeit, die noch zu leisten ist, und Kunst a. d. Kunsthistor. Ausstellung Düsseldorf 1902, S. 3. -
die ganz neue Gruppen und sehr wesentliche Resultate er- Illustrierter Katalog v. Gipsabgüssen des Zentralgewerbe-
geben muß. Vereins zu Düsseldorf, Taf. IV. — Rahtgens i. d. Kunst-
die rheinische monumental vi alere i.
die um ein Vierteljahrhundert später geschaffenen großen monumentalen Erzengel auf dem aus
St. Pantaleon in Köln stammenden Maurinusschrein entgegen! Es ist ersichtlich die Weiterbildung
jenes auf dem Aachener Radleuchter, auf dem Darmstädter Kuppelreliquiar uns zuerst entgegen-
tretenden strengen Stiles. Mit welch großartiger Würde erscheinen hier die Erzengel, von welch
zwingender Macht ist die bedeutende Handbewegung des Cherubin und Seraphin (Fig. 518)113!
Von selbst führen diese Zeichnungen der Goldschmiedewerke zu den Treibarbeiten an denselben
großen Tumben und damit auf die plastischen Denkmäler. Die frühen Apostelfiguren am Heri-
bertschrein zeigen noch merkwürdig runde, weiche Formen, die ganz aus der noch unentwickelten
Treibtechnik geboren zu sein scheinen, aber ersichtlich ist hier in der plastischen Sprache der fließende
Stil viel entwickelter als in jenen steifen und hieratischen emaillierten Prophetenfiguren. Gehören diese
Apostelfiguren auch der Maaswerkstatt an, sind sie in einem Kölner Atelier entstanden? Die übrigen
großen Schreine Kölns sind leider sämtlich ihrer silbergetriebenen Figuren beraubt bis auf den Drei-
königenschrein - - und dessen plastischer Schmuck gehört wieder einer anderen westlichen Schule an,
der des Nikolas von Verdun. So fehlen uns gerade an den Kölner Arbeiten die Vergleichspunkte.
Der Altaraufsatz aus St. Kastor in Koblenz, der in das Clunymuseum gekommen ist, zeigt einen viel-
fach den Skulpturen des
Heribertschreines ver-
wandten Stil: eine ganz
ähnliche Art, die Glie-
der, zumal die Ober-
schenkel und die Knie,
rund durch die an-
gezogene Gewandung
durchzumodellieren114.
Nur angedeutet
werden kann hier die
Entwicklung in der
Steinplastik. Ganz
augenfällig ist die Ver-
wandtschaft mit den zu-
letzt genannten Treib-
arbeiten. Auch hier die
gleiche Äußerung des
Formenwillens in der
Sprache des fließenden Stiles. Da ist jene Kölner Gruppe, an deren Spitze das Tympanon von St. Cacilia
steht, mit der in starrer Frontansicht gehaltenen Halbfigur der Patronin zwischen den in symmetrischer
Haltung vor ihr sich neigenden Heiligen Tiburcius und Valerianus, das bald nach der Mitte des
12. Jh. entstanden sein muß115.
Auch für ein anderes plastisches Werk in Köln gibt uns der Zusammenhang mit der baulichen Anlage
einen Anhalt für die zeitliche Ansetzung auf das 3. Viertel des 12. Jh.: es ist das jetzt im Kreuzgang des
Museums Wallraf-Richartz befindliche, aus der Kirche St. Pantaleon stammende schöne Tympanon,
Fig. 519. Köln. Tympanon an der Cäcilienkirche.
113 v. Falke a. a. 0. S. 40, 128, Taf. 44—48, VI—XIII. 114 Viollet-le-Duc, Dictionnaire raisonne du mobilier
Vor allem die beiden Farbentafeln Xu. XI mit der Wieder- frangais I, p. 233. — v. Falke, Schmelzarbeiten Taf. 93. -
gäbe der Engel in Originalgröße. - - H. Rahtgens in den F. Michel, Der Altaraufsatz von St. Kastor: Mitteil. d.
Kunstdenkmälern der Stadt Köln II, I, S. 328. Nach den Rhein. Ver. f. Denkmalpflege u. Heimatschutz II, 1908,
Zusammenhängen der Zeichnungen an diesen Schreinen, S. 66.
ihren Vorbildern und Verwandten, der Entwicklung ihres 115 Vgl. Rohault de Fleury, Les saints de la messe I,
Stiles ist bislang noch nie im ganzen Umfang gefragt worden, p. 121, pl. 64. — Katalog der Kunsthistor. Ausstellung
Hier würden vor allem die gleichzeitigen Bilderhandschriften Düsseldorf 1902, Nr. 25. — Clemen, Die rhein. u. westfäl.
zu befragen sein. Eine Arbeit, die noch zu leisten ist, und Kunst a. d. Kunsthistor. Ausstellung Düsseldorf 1902, S. 3. -
die ganz neue Gruppen und sehr wesentliche Resultate er- Illustrierter Katalog v. Gipsabgüssen des Zentralgewerbe-
geben muß. Vereins zu Düsseldorf, Taf. IV. — Rahtgens i. d. Kunst-