Zum Stil.
Das System der Dekoration läßt, wie oben ge-
zeigt, zwei Stufen erkennen. Der älteren gehört
nur die Hervorhebung der architektomschen Ghe-
der und die Umrahmung der Arkadenbögen mit
den in Weiß auf Rötel stehenden dünnen Bogen-
stellungen an. Uber diese Malerei lst dann ohne
Rücksichtnahme der Fries mit den Aposteln hin-
weggezogen worden. Mit diesem geht der h. Jako-
bus an der Südwand, geht an der Südwand der
Reiterkampf zusammen und ebenso an der Ost-
wand die Darstellung des Jüngsten Gerichtes. Die
Bilder an den Gewölben der Seitenschiffe sind zum
Ted noch später. Selbstverständhch lst die am
Fußedes Mittelpfeilers unter dem großen Christo-
phorus angebrachte h. Anna selbdritt erst ein
Werk vom Ende des 15. Jh. Nun aber geht der
große Christophorus sichthch mit der älteren Male-
rei zusammen4. Wenn auch kein großer zeithcher
Unterschied vorhegt, so enthält die Zeichnung des
kleinen Christus auf der linken Schulter des Heili-
gen, enthält ebenso die Musterung des Gewandes
des Riesen noch so viele spätromamsche Elemente,
daß man diese Figur für sich betrachten muß. Sie
würde mit der ersten Dekoration zusammengehen,
dem kleinen Arkadenbogenfries. Es sind hierkeine
ausgesprochenen Elemente des unruhigen gezack-
ten Stiles zu hnden. Die Gestalt hat noch soviel
Massigkeit und Breite, daß man sie auch der Ge-
wandung nach auf den ersten Eindruck noch um
die Mitte des 13. Jh. ansetzen möchte. Die ohne
Rücksicht auf den hier gegebenen Maßstab, ohne
Rücksicht auch auf das vorhandene dekorative Sy-
stem dann eingefügte Apostelserie zeigt deuthch
den Ubergang zu der frühen Gotik, wenn auch die
aufgemalte Architektur noch ganz spätromamsche Formen mit Rundbogen und Kapitellen bringt. In den frontalen Gestalten
lebt noch etwas von der romamschen Monumentahtät, und hier sind auch Einzelmotive des einstigen Stiles in plötzlich
und unmotiviert abstehenden Faltenwürfen erkennbar. In den leicht seitwärts gewandten Figuren kommt ganz deutlich ein
gotischer Duktus zu Worte, ein ungestümes, etwas barbarisches Kraftgefühl. Charakteristisch ist diebreite Stellung der flossen-
artigen nackten Füße, die in dieser Derbheit etwa auch in St. Andreas in Köln und Marienhagen oder auch bei den großen
Apostelfiguren 1m Chor der Pfarrkirche zu Bornheim (Rheinhessen)5 vorkommen. Die Malereien sind nicht mit dem Maßstab
der großen Werke m Köln zu messen. Sie zeigen eine ursprünglichere, vielleicht etwas bäuerliche Kunstübung, die einfachere
Mittel anwendet, aber als Denkmal der „Eifelkunst“ gegen das Ende des 13. Jh. nicht weniger Interesse verlangt. Diekleinen
Einzelfiguren und Einzeldarstellungen m den Seitenschiffen gehen schon mit der Entwicklung parallel, wie sie uns in Köln die
jüngere Malerei in St. Andreas zeigt. Sie erinnern dazu in manchem auch schon an das kölnische Diptychon in Berlin und
Fig. 131. Bacharach, Peterslurche. St. Christophorus.
4 H. F. J. Liell i. d. Zs. f. christl. Kunst I, 1888, Sp. 400 datiert die Figur nur allgemein „aus dem 13. Jh., demnach, wenn nicht das älteste, so doch eine von den ällesten
Darstellungen". Die beigegebene Abbildung zeigt neben dem h. Christophorus nur die Arkaden, aber nichts von den Apostelfiguren. In meiner Romanischen Monumental-
malerei S. 816 habe ich die große Christophorusfigur noch für den Romanismus in Anspruch genommen und an die Möglichkeit einer frühgotischen Erneuerung einer
alten Christophorusfigur gedacht.
5 Kopien in Originalgröße lm Hessischen Denkmalarchiv zu Darmstadt (Ausstellung Miltelrheinische Kunst Darmstadt 1927). Vgl. Katalog der Ausstellung alter Wand-
malereien aus dem Hessischen Denkmalarchiv zu Darmstadt 1921, S. 16.
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Das System der Dekoration läßt, wie oben ge-
zeigt, zwei Stufen erkennen. Der älteren gehört
nur die Hervorhebung der architektomschen Ghe-
der und die Umrahmung der Arkadenbögen mit
den in Weiß auf Rötel stehenden dünnen Bogen-
stellungen an. Uber diese Malerei lst dann ohne
Rücksichtnahme der Fries mit den Aposteln hin-
weggezogen worden. Mit diesem geht der h. Jako-
bus an der Südwand, geht an der Südwand der
Reiterkampf zusammen und ebenso an der Ost-
wand die Darstellung des Jüngsten Gerichtes. Die
Bilder an den Gewölben der Seitenschiffe sind zum
Ted noch später. Selbstverständhch lst die am
Fußedes Mittelpfeilers unter dem großen Christo-
phorus angebrachte h. Anna selbdritt erst ein
Werk vom Ende des 15. Jh. Nun aber geht der
große Christophorus sichthch mit der älteren Male-
rei zusammen4. Wenn auch kein großer zeithcher
Unterschied vorhegt, so enthält die Zeichnung des
kleinen Christus auf der linken Schulter des Heili-
gen, enthält ebenso die Musterung des Gewandes
des Riesen noch so viele spätromamsche Elemente,
daß man diese Figur für sich betrachten muß. Sie
würde mit der ersten Dekoration zusammengehen,
dem kleinen Arkadenbogenfries. Es sind hierkeine
ausgesprochenen Elemente des unruhigen gezack-
ten Stiles zu hnden. Die Gestalt hat noch soviel
Massigkeit und Breite, daß man sie auch der Ge-
wandung nach auf den ersten Eindruck noch um
die Mitte des 13. Jh. ansetzen möchte. Die ohne
Rücksicht auf den hier gegebenen Maßstab, ohne
Rücksicht auch auf das vorhandene dekorative Sy-
stem dann eingefügte Apostelserie zeigt deuthch
den Ubergang zu der frühen Gotik, wenn auch die
aufgemalte Architektur noch ganz spätromamsche Formen mit Rundbogen und Kapitellen bringt. In den frontalen Gestalten
lebt noch etwas von der romamschen Monumentahtät, und hier sind auch Einzelmotive des einstigen Stiles in plötzlich
und unmotiviert abstehenden Faltenwürfen erkennbar. In den leicht seitwärts gewandten Figuren kommt ganz deutlich ein
gotischer Duktus zu Worte, ein ungestümes, etwas barbarisches Kraftgefühl. Charakteristisch ist diebreite Stellung der flossen-
artigen nackten Füße, die in dieser Derbheit etwa auch in St. Andreas in Köln und Marienhagen oder auch bei den großen
Apostelfiguren 1m Chor der Pfarrkirche zu Bornheim (Rheinhessen)5 vorkommen. Die Malereien sind nicht mit dem Maßstab
der großen Werke m Köln zu messen. Sie zeigen eine ursprünglichere, vielleicht etwas bäuerliche Kunstübung, die einfachere
Mittel anwendet, aber als Denkmal der „Eifelkunst“ gegen das Ende des 13. Jh. nicht weniger Interesse verlangt. Diekleinen
Einzelfiguren und Einzeldarstellungen m den Seitenschiffen gehen schon mit der Entwicklung parallel, wie sie uns in Köln die
jüngere Malerei in St. Andreas zeigt. Sie erinnern dazu in manchem auch schon an das kölnische Diptychon in Berlin und
Fig. 131. Bacharach, Peterslurche. St. Christophorus.
4 H. F. J. Liell i. d. Zs. f. christl. Kunst I, 1888, Sp. 400 datiert die Figur nur allgemein „aus dem 13. Jh., demnach, wenn nicht das älteste, so doch eine von den ällesten
Darstellungen". Die beigegebene Abbildung zeigt neben dem h. Christophorus nur die Arkaden, aber nichts von den Apostelfiguren. In meiner Romanischen Monumental-
malerei S. 816 habe ich die große Christophorusfigur noch für den Romanismus in Anspruch genommen und an die Möglichkeit einer frühgotischen Erneuerung einer
alten Christophorusfigur gedacht.
5 Kopien in Originalgröße lm Hessischen Denkmalarchiv zu Darmstadt (Ausstellung Miltelrheinische Kunst Darmstadt 1927). Vgl. Katalog der Ausstellung alter Wand-
malereien aus dem Hessischen Denkmalarchiv zu Darmstadt 1921, S. 16.
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