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Clemen, Paul
Die gotischen Monumentalmalereien der Rheinlande: mit Beiträgen von Burkhard Frhrn. v. Lepel und Margot Remy (Text) — Düsseldorf, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.28108#0346
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weißePelzaufschläge, um ihren Unterkörper ist in reichem Faltenbausch der weite
blaue Mantel gelegt, DenThron umgeben sechs symmetnsch angeordnete Engel,
dieunteren beiden mit Musikinstrumenten, die zwei darüber mit Büchern und die aus
den oberen Ecken herausfhegenden mit Spruchbändern mit der Inschrift: Gloria
In Excelsis Deo — Et In Terra Pax Homimbus. Links unten kmet ein geisthcher
Stifter in Iangem, weißem Gewand mit dem Spruchband: Sancta Maria Ora Pro
Nobis. Das Bild lst von äußerster Delikatesse und atmet den empfindsamen lyri-
schen Geist, der der Kölner Schule eigen lst. Das aus Italien überkommene Schema
der thronenden Madonna mit den umgebenden Engeln ist hier auf eine äußerst
geschmackvolle Weise moduhert. Es schheßt sich eng an die Lochner-Schule und
gehört wohl m das sechste Jahrzehnt des 15. Jh.

An der äußeren südhchen Chorwand befinden sich Fragmente aus verschie-
denen Darstellungen: Das Martyrium eines heiligen Erasmus, dem von zwei
Henkersknechten mit einer Winde die Eingeweide aus dem Leibe gewunden
werden; eine heilige Jungfrau, die von zwei Henkern mit Spitzhämmern in den
Händen an Stricken gehalten wird; darunter ein schlafender Krieger vom Grabe
des auferstehenden Christus. Diese Bilder sind später wieder übertüncht worden.
Uber der südhchen Eingangstüre lst die mteressante und seltene Darstellung eines
VoltoS anto erhalten, die wohl eine späte Version des in Cronberg festgestellten
Volto-Santo-Typus m Verbindung mit der Kümmernislegende bildet4 (Fig.336).

DieMalerei zeigt wiedort einebärtigeFigur am Kreuz, über das der typische Bogen
mit den Lihenendungen des Volto-Santo-Bildes m Lucca gespannt ist, ebenso den Hüftgürtel mit dem heruntergehenden Bort-
streifen auf der Tunika. Die gekreuzigte Figur steht auf einem gotischen Altar, sie trägt Ianges Haupt-und Barthaar, doch geht
lhr Typus schon sehr m das Weibhche der Kümmerms hinüber. Aus lhrem rechten, des Schuhes entkleideten Fuß quillt Blut in
emen vor ihr stehenden Kelch. Vor dem Altar kmet die kleine Figur des Geigers, dem sie den Schuh als Dank für sein
Spiel hingeworfen hat, also auch hier die Verquickung mit der Spielmannslegende. An den Seiten zwei gleiche Wappen, die
heute mcht mehr erhalten sind: Die Vereimgung des bergischen Löwen mit den sächsischen Farben, die auf die Vermählung
des Herzogs Gerhard II. von Jülich-Berg (1437—1475) mit Sophie von Sachsen-Lauenberg i. J. 1441 hinweisen. Die Zeit
der Entstehung des Bildes dürfte auch hiernach in die Mitte des 15. Jh. fallen.

(Btesöorf (Hr.Bottn) / 3afobtt‘apdlc.

LlTERATUR. P. Clemen, Instandsetzung der Jakobikapelle zu Gielsdorf: Berichte der rheinischen Denkmalpflege 1896, S. 31 ff. — Ders.,
Die Kunstdenkmäler der Stadt und des Kreises Bonn 1905, S. 274. —Effmann, Die alte JakobikapellezuGielsdorf: Zs. f. christl. K. 1888 I, Sp.201 ff.

Uber die Wandmalereien: P. Clemen, Die Kunstdenkmäler der Stadt und des Kreises Bonn 1905, S. 275/276 m. Abb. — Effmann
a. a. 0., Sp. 206, 207 m. Abb. — Erwäbnt bei Hohe, Einige Andeutungen über die Technik der alten Decken- und Wandmalereien in
dem ehemaligen Kapitelsaale zu Brauweiler und deren Wiederherstellung i. d. Bonner Jahrbüchern XXXV, 1863, S. 114.

AUFNAHMEN. Pausen sämthcher Darstellungen m Originalgröße lm Schloßmuseum Berlin. Aufnahmen danach von der Staatlichen
Bildstelle Berlin. Photographische Aufnahme der Margaretenlegende lm Denkmalarchiv Bonn. Vgl. Katalog d. Sonderausstellung d. Aufnahmen
mittelalterl. Wand- u. Glasmalereien, Berlin 1895, S. 7.

D le alte Jakobikapelle stammt mit Turm und Langhaus aus dem Ende des 1 1. Jh. Im 15. Jh. wurde der ursprüngliche Chor-
abschluß durch einen spätgotischen ersetzt und erweitert. Bei einer gründhchen Restauration im J. 1895 traten im Chor die
Malereien der Chorwände zutage, die dort den architektonischen Schmuck zu ersetzen hatten, der in dem zweijochigen Langhaus-

4 Organ für chnstliche Kunst 1870, Nr. 5. — Bonner Jahrbücher XLIX, S. 186. — Strauven, Düsseldorfer Zeitung 1869, Nr. 272, 290. — Vgl. die Ausführungen über das
Volto-Santo-Bild in Cronberg (oben S. 253), Köln (oben S. 204) und Bonn (oben S. 300); vgl. auch die sehr ähnliche gleichzeitige Darstellung des Volto-Santo-Bildes in
der Minontenkapelle m Brügge, Abb. bei Camille Tulpinck, La Peinture Decorative, religieuse et civile en Belgique aux siecles passes, Brüssel 1906, Bruges Taf. 2. Hier
zwei kmende Stifter am Fuße des Kreuzes abgebildet.

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