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Cohausen, August von
Der Palast Karl des Grossen in Ingelheim und die Bauten seiner Nachfolger daselbst: zur Erinnerung an die Versammlung der Vereine für Geschichte und Alterthumskunde im September 1852 — Mainz: Druck von Theodor v. Zabern, 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.62344#0012
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wenn wir uns so ausdrücken dürfen, eine Bauernburg für das davorliegende Dorf. 1402
wurde dies urkundlich ausgesprochen und 1460 zum erstenmal auf diese Art benutzt.
Wahrscheinlich damals wurde das nach Heidesheim führende Thor zugemauert. 1504
oder um diese Zeit lässt der Pfalzgraf Philipp 5 oder 6 Säulen von Ingelheim nach Heidel-
berg bringen; andere Säulen und Kapitale mögen dann nach Mainz, Oberingelheim und
anderweitig hin verschleppt worden sein. 1576 wird das Stift aufgehoben, eine Wohnung
für den Empfänger erbaut und die Steine dazu wohl aus dem Abbruch der alten Bauten
entnommen. Was etwa noch unter Dach und Fach gehalten worden, wurde durch die
Franzosen 1689 verheert.
Uebersicht der Baureste im Saal.
Der Saal von Ingelheim liegt auf einem Hügelvorsprung, der nach Norden sanft
zum Rheinthal und nach Osten ebenso in eine kurze Thalmulde abfällt, welche sich weiter
nach dem Saalgraben und dem Selzbach hinzieht. Auf der Süd- und Westseite durch
einen tiefen Graben vom Dorf Niederingelheim getrennt, bildet der Saal in seiner Haupt-
form ein Viereck von 300 Schritt Länge und 230 Schritt Breite. Die Westseite nehmen
die Grundstücke und Gebäude des Palasts ein, die vorzugsweise „im Saal“ genannt
werden; daran schliesst sich rechts die alte Befestigungsmauer — Rentmauer genannt
— an, vor welche auf der Südwestecke ein runder Thurm, der Boi and er, heraustritt.
Auf der Südseite ist sie stellenweise noch gut erhalten, hat aber an der Südostecke, die
„der Zuckerberg“ heisst, eine Bresche, welche wahrscheinlich durch die Zerstörung
eines dem Bolander ähnlichen Thurmes geöffnet worden ist. Auf der Ostseite, die zwei
vorspringende Rundungen bildet, ist die Mauer oft ganz verschwunden, wird aber bei
dem Thorthurme, durch den der Weg nach Heidesheim und Mainz führt, wieder leicht
kenntlich. — Die Nordseite hatte, nach der Aussage alter Leute, eine ähnliche Thor-
befestigung, die den Eingang vom Rheinthal herauf deckte, gegenwärtig aber bis auf eine
deutliche Mauerecke verschwunden ist. Die Mauern dieser Seite sind dünner und waren
weniger hoch, ja es ist mit zur Umschliessung ein Haus gezogen, dessen solide Bauart
und hohes Alter unverkennbar ist. Wir haben es als fiskalisches Kelterhaus bezeichnet.
Der Anschluss der nördlichen Umfassung an die Palastfront ist in einer Terrassenmauer
erhalten, aus welcher, nahe der Nordwestecke, gleichfalls ein runder Thurm vortritt.
Die Mitte des ganzen hier umzogenen Raumes nimmt die Kirche ein. Mehrere
alte Ziehbrunnen im Bering sind bemerkenswert!!, weil sie uns, in Verbindung mit einigen
andern Merkmalen, die Richtung alter Strassen andeuten, von denen sonst durch die
jetzige regellose Anhäufung von Häusern und Höfen alle Spur verwischt wäre.
Kaiser Karl des Grossen Palast.
Den grössten Theil der westlichen Seite des Saales nimmt der Platz ein, auf dem
die alten Palastbauten sich nachweisen lassen; sie sind im Haus und den Gärten des
 
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