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Saal XXI

wenigstens nicht hier*). Wie denn unsere Sammlung im all-
gemeinen nicht eben die ragenden Leuchttürme, die Licht-
werfer zeigt, sondern mehr die von ihnen ausgehenden Strahlen,
die verzitternden Reflexe. Ein Beispiel der „grossen“ Malerei,
die an Wirkung mit der Freskokunst wetteiferte, bietet die
„Geometrie“, ein Gemälde, das man sich nicht isoliert, son-
dern in der Nachbarschaft entsprechender allegorischer Gemälde
in einem prunkvollen Festsaale des Antwerpen der Rubenszeit
vorstellen muss. Neben den pathetischen religiösen und mytho-
logischen Schilderungen blühte aber auch die Porträt-, Genre-
und Stillebenmalerei. Die Zeit des Barock, die auf Pracht
und bedeutende Gebärde gestellt war, hatte auch ihre Freude
an kleinen einfachen Bildchen aus dem Alltagsleben. Vor
allem diente Teniers diesem Geschmack. Die grosse Beliebt-
heit seiner Gemälde erklärt die Menge der Nachahmungen,
von denen einige im vlämischen Saale enthalten sind. Das
wertvollste Bild dieser Art ist die Wirtshausszene von
D. Ryckaert.
Französische Kunst ist nur in wenigen Proben vor-
handen. Das Bildchen von Jean Raoux, einem der Lieblings-
maler Friedrichs des Grossen, zeigt den Uebergang von der
barocken Malerei Poussins und Rigauds zum arkadischen Stil
Watteaus, der dem i8.Jhrhdrt. sein Gepräge gibt. Früher ist
die Oelskizze „Tod der Maria“ in der Art des Nicolas Poussin.
Die so sauber durchgeführte alte Kopie nach Jean-Baptiste
Greuze führt in den Beginn des 19. Jhrhdrts. und ist ein Schul-
beispiel für die rührselige von Diderot gegen die „frivolen“
Rokokomaler ausgespielte Bürgerkunst dieses Malers, ohne von
den glänzenden Vorzügen seiner Palette eine Vorstellung geben
zu können.
Die Malerei Englands ist mit zwei Gemälden recht
vorteilhaft vertreten. Das ist wenig, um eine Vorstellung von
der Entwicklung der englischen Kunst zu geben, aber viel,
wenn man bedenkt, wie wenig durchweg in den Galerien
des Kontinents von diesen Meistern zu finden ist. Erst neuer-
dings beginnen die grossen deutschen Kunstsammlungen (Dres-
den, Berlin und München), bei ihren Neuerwerbungen auch die

*) Ein Frühwerk van Dycks, die Verspottung Christi, befindet
sich in der Sammlung von Frau Dr. Virnich, Lennestrasse 5, die
Kunstfreunden nach Anmeldung zugänglich ist. Im Jahre 1911
war das Gemälde einige Zeit als Leihgabe im Provinzialmuseum
ausgestellt.
 
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