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Gemäldegalerie: Vlamen, Franzosen und Engländer

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XXL SAAL.
Vlamen, Franzosen und Engländer
des 17. und 18. Jahrhunderts.
Im Saale der „Altniederländer“ konnte mit Recht von
einer „niederländischen“ Kunst im Allgemeinen gesprochen
werden. Wenn wir heute Künstler der nördlichen Niederlande
wie Jan van Scorel und Lukas van Leyden, beide aus der
ersten Hälfte des 16. Jhrhdrts., als Holländer bezeichnen, dagegen
Antwerpner und Brüsseler Meister wie Quinten Massys und
Barent van Orley als Vlamen, so spricht daraus eine Klassi-
fizierungssucht, die im Gegensatz zu den tatsächlichen Ver-
hältnissen steht. Erst die politische Trennung im i/.Jhrhdrt,,
durch den spanischen Krieg, hat auch die Kunst geschieden.
Nichts macht dies deutlicher als der Umstand, dass Peter
Paul Rubens, der Vlame, im Dienste der spanischen Herr-
schaft stand, gegen die Holland, das Land Rembrandts, mit
soviel glücklichem Erfolge das Schwert gezogen hat. Diese
politische Trennung steht dann in engster Verbindung mit
der religiösen Spaltung, die auch für die niederländische Kunst
von allergrösster Bedeutung gewesen ist. Indem im protestan-
tischen Holland der religiösen Malerei durch die Entziehung
der Aufträge für die Kirche der Boden entzogen wurde,
konnte im katholischen Belgien gerade sie, unterstützt durch
die grossartigen barocken Kirchenbauten der Jesuiten, ihre
grössten Triumphe feiern. Die holländische Malerei dagegen
zog sich immer mehr auf die Pflege des Profanbildes zurück,
das in erster Linie zum Schmuck auch bescheidener Häuslich-
keit bestimmt war. Und dadurch erklärt sich dann auch die
im Bonner Museum ins Auge fallende Unterschiedlichkeit des
Formates der Bildtafeln und auch der Farbengebung: die
dekorative vlämische Palette bevorzugt lebhafte, bunte, feste,
blumige Farben, die holländische dagegen ist viel eintöniger,
aber auch wie intim und wie warm! Man darf sagen, dass
in den machtvollen Erscheinungen von Rubens und Rem-
brandt, den beiden Antipoden, die doch Zeitgenossen waren,
in Lebensschicksalen und in der ganzen Art der Natur-
wiedergabe, die bis heute noch nicht geschwundene Gegen-
sätzlichkeit der beiden Nationen den schärfsten, den packendsten
Ausdruck gefunden hat.
Rubens suchen wir vergeblich im Bonner Museum. Und
auch seinen grössten Schüler, Antonis van Dyck, finden wir

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