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Cohen, Walter
Hundert Jahre rheinischer Malerei: mit 80 ganzseitigen Abbildungen — Bonn: Verlag von Friedrich Cohen, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.53035#0012
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Museums war, sondern auch an der besonderen Färbung des Kölni-
schen Geisteslebens, dem große Kunstsammler wie Lyversberg, die
Boisserees und der Kanonikus Wallraf sein Gepräge gaben. Das Köln
des 19. Jahrhunderts war immer, im Gegensatz zu Düsseldorf, mehr
eine Museums- als eine eigentliche Kunststadt. Ramboux, eine aus
vielfältigen Elementen merkwürdig gemischte Künstlererscheinung, als
Zeichner oft blendend, als Bildnismaler von seltener Eindringlichkeit,
steht im Grunde den Nazarenern nahe, mit denen er in Rom im engen
Verkehr gestanden hatte. Angeborene malerische Begabung bricht bei
ihm überraschend durch, wenn er einem so pittoresken Motiv gegen-
übersteht, wie der köstlichen Häuserecke (Taf. 8). In dem Coblenzer
Simon Meister besitzt Köln einen typischen Biedermeiermaler mit lusti-
gem, gelegentlich etwas scharfem Kolorit in seinen besten Bildnissen.
Karl Begas, in Heinsberg bei Aachen geboren, in Paris beim Baron Gros
ausgebildet, schuf schon 1821 das herrliche Bildnis seiner in Köln leben-
den Familie, ein Meisterwerk rheinischer Kunst, dem der Maler nichts
Entsprechendes aus seiner langen und oft recht langweiligen Berliner
Schaffensperiode an die Seite stellen konnte. Gleichfalls in Paris ge-
schult war der als Maler oft beträchtliche, ganz vergessene Kölner Lud-
wig Krewel (1801—1872).
In Aachen, das durch seine exponierte Lage allen internationalen
Einflüssen besonders ausgesetzt war, ist der Hauptname Johann Bap-
tist Josef Bastine. In Löwen geboren, ließ er sich nach Pariser Stu-
dienjahren bei Jacques Louis David in Aachen nieder, eröffnete eine
Malschule, wirkte als Zeichenlehrer am Gymnasium und starb 1844.
Alle Rethelbiographen nennen ihn als den pedantischen Lehrer des
jungen Titanen mit einiger Geringschätzung. Was der Aachener Mu-
seumsdirektor Felix Kuetgens an Werken dieses Wahlrheinländers auf
gelegentlichen Ausstellungen gesammelt hat, rechtfertigt dieses Vorur-
teil in keiner Weise. Mir erscheint Rethels berühmtes Bildnis seiner
Mutter sogar etwas hart und bocken im Vergleich zu den mit über-
legener Künstlerschaft angeordneten sprechenden Bildnissen Bastines,
denen ein landschaftlicher Hintergrund von besonderer Zartheit ge-
legentlich neuartigen Reiz hinzufügt.
Westlich orientiert wie Begas, Krewel, Bastine ist auch der hervor-
ragendste Düsseldorfer Bildnismaler aus dem ersten Drittel des Jahr-
hunderts: Heinrich Christoph Kolbe. Die Abwesenheit jeder Neigung
zu Konzessionen an den Geschmack des auftraggebenden Publikums
mag dazu beigetragen haben, daß ihm, dem durch Goethes Bildnis
Berühmtgewordenen (es gehört wahrlich nicht zu seinem Besten I), die
Gunst der Düsseldorfer versagt blieb. Von Kolbe sind an dreißig,
größtenteils hervorragende Bildnisse allein in Elberfelder Familienbe-
sitj bekannt geworden. Dieser Schüler von Vincent und Baron Gerard
in Paris, der mit einer schönen Südfranzösin verheiratet war, hat mehr
als die zuvor genannten Künstler den Ernst Jacques Louis Davidscher
Kunstgesinnung, der gerade der Bildnismalerei Frankreichs in so hohem
Maße zugute gekommen ist, nach unserem rheinischen Westen ver-
pflanzt. Kolbe ist niemals süßlich, auch nicht in Kinderbildnissen, nie-

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