KUSHAN-ZEIT
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daß Buddha-Bilder, die älter als die Gandhara-Kunst sind, sich nicht erhalten
haben, ebenso klar aber, daß das Buddha-Motiv so unantik wie nur möglich
ist und die echt indische Vorstellung eines Yogi mit der altindischen Idee des
Mahäpurusha (des groben Mannes) mit seinen 32 Lakshana (Kennzeichen
eines groben Mannes) zu einer neuen Synthese verbindet. Man mub für
die rein indische Formulierung, wie sie das Buddha-Ideal etwa in dem Buddha
von Särnäth fand, Vorstufen voraussetzen, die noch nichts mit Gandhära zu
tun haben.*
Starke hellenistische Beeinflussung trifft man dann in Mathura, also im
eigentlichen Indien. Viel bedeutsamer aber, als die unerfreulichen Zwitter-
bildungen von Mathura, sind die dort gefundenen Werke, die an die Kunst
der Mauryazeit anknüpfen und rein indischen Geist atmen. Auf den Pfeilern
von buddhistischen und jainistischen Stüpa-Umzäumungen finden sich eine
Reihe besonders reizvoller Yakshini-Darstellungen (Tafel 19, 20). Die Sprödig-
keit der Skulpturen aus der ältesten Zeit ist verschwunden. Die Frauengestalt
mit dem Vogelbauer zeigt zwar noch die alten schweren Formen, aber
Bewegung und Ausdruck sind freier geworden. Die Balkonszene bietet
ein köstliches Genrebild. Die Yakshinl unter dem Baume bringt über-
haupt ein ganz neues Formengefühl, betonten Liebreiz und einschmeicheln-
den Rhythmus. Die Reliefs sind tiefer geworden, in der Toilettenszene lösen
sich die Figuren beinahe von der Fläche und bewegen sich aus dem Relief
heraus.**
Auch der Skulpturenschmuck des Stupa von Amarävati (Tafel 15ff.), der
wohl unter der Regierung des Königs Huvishka (ca. 150—162), Kanishkas
Sohn, erbaut sein dürfte, wurzelt mit allen Fasern in der Kunst der Maurya-
zeit. Wieder fällt ein feines Gefühl für den Wohlklang der Bewegung und für
die Abgewogenheit der Komposition auf, das die ältere Zeit nicht kannte.
Damit geht eine innigere Beseelung der Gestalten, eine oft glühende Leiden-
schaftlichkeit und eine sinnliche Freude an dem strömenden warmen Leben
zusammen. Die Buddha-Figur auf dem Versuchungsrelief (Tafel 17) weist
* A. Foucher, L’art gräco-bouddhique du Gandhära. I, Paris 1905, II 1, Paris 1918. — Der-
selbe, L'origine gröcque de l’image du Buddha. Chalons-sur-Saone 1913. Albert Grün-
wedel, Buddhistische Kunst in Indien. Berlin 1900 *.
** J. Ph. Vogel, Catalogue of the Archaeological Museum at Mathura. Allahabad 1910.
John Anderson, Catalogue and Handbook of the Archaeological Collectlons in the Indian
Museum. Calcutta 1883.
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daß Buddha-Bilder, die älter als die Gandhara-Kunst sind, sich nicht erhalten
haben, ebenso klar aber, daß das Buddha-Motiv so unantik wie nur möglich
ist und die echt indische Vorstellung eines Yogi mit der altindischen Idee des
Mahäpurusha (des groben Mannes) mit seinen 32 Lakshana (Kennzeichen
eines groben Mannes) zu einer neuen Synthese verbindet. Man mub für
die rein indische Formulierung, wie sie das Buddha-Ideal etwa in dem Buddha
von Särnäth fand, Vorstufen voraussetzen, die noch nichts mit Gandhära zu
tun haben.*
Starke hellenistische Beeinflussung trifft man dann in Mathura, also im
eigentlichen Indien. Viel bedeutsamer aber, als die unerfreulichen Zwitter-
bildungen von Mathura, sind die dort gefundenen Werke, die an die Kunst
der Mauryazeit anknüpfen und rein indischen Geist atmen. Auf den Pfeilern
von buddhistischen und jainistischen Stüpa-Umzäumungen finden sich eine
Reihe besonders reizvoller Yakshini-Darstellungen (Tafel 19, 20). Die Sprödig-
keit der Skulpturen aus der ältesten Zeit ist verschwunden. Die Frauengestalt
mit dem Vogelbauer zeigt zwar noch die alten schweren Formen, aber
Bewegung und Ausdruck sind freier geworden. Die Balkonszene bietet
ein köstliches Genrebild. Die Yakshinl unter dem Baume bringt über-
haupt ein ganz neues Formengefühl, betonten Liebreiz und einschmeicheln-
den Rhythmus. Die Reliefs sind tiefer geworden, in der Toilettenszene lösen
sich die Figuren beinahe von der Fläche und bewegen sich aus dem Relief
heraus.**
Auch der Skulpturenschmuck des Stupa von Amarävati (Tafel 15ff.), der
wohl unter der Regierung des Königs Huvishka (ca. 150—162), Kanishkas
Sohn, erbaut sein dürfte, wurzelt mit allen Fasern in der Kunst der Maurya-
zeit. Wieder fällt ein feines Gefühl für den Wohlklang der Bewegung und für
die Abgewogenheit der Komposition auf, das die ältere Zeit nicht kannte.
Damit geht eine innigere Beseelung der Gestalten, eine oft glühende Leiden-
schaftlichkeit und eine sinnliche Freude an dem strömenden warmen Leben
zusammen. Die Buddha-Figur auf dem Versuchungsrelief (Tafel 17) weist
* A. Foucher, L’art gräco-bouddhique du Gandhära. I, Paris 1905, II 1, Paris 1918. — Der-
selbe, L'origine gröcque de l’image du Buddha. Chalons-sur-Saone 1913. Albert Grün-
wedel, Buddhistische Kunst in Indien. Berlin 1900 *.
** J. Ph. Vogel, Catalogue of the Archaeological Museum at Mathura. Allahabad 1910.
John Anderson, Catalogue and Handbook of the Archaeological Collectlons in the Indian
Museum. Calcutta 1883.