Abb.
89 u. 90.
selbst die letzte Einzelheit. Ungegliederte, achtkantige Pfeiler sind die
Stützen. Ihre Kapitelle sind nicht als Träger der Bögen entwickelt,
sondern bloße Zwischenglieder. Vor jeder Kante setzt m ihnen ein Band
an, verschlingt sich mit dem nächsten und endet nach komplizierter
Durchführung in einer Volute, die einen Zapfen trägt. So ist jede Form
wie ohne Anfang und ohne Ende, verflochtene Bewegung, für die es keine
logischen Gründe gibt. Die Bögen über diesen Pfeilern sind Hufeisen-
bögen, eine Charakterform des spanischen Islam. Sie wirkt sehr an-
regend, fast aufregend aufs Auge. Der Halbkreisbogen der Antike war
völlig ausgeglichen, ruhte ruhig auf seinen Pfeilern und wölbte sich von
ihnen aus der Last entgegen. Der Flufeisenbogen aber scheint wie em
Reifen, den man zusammenbiegt und der in jedem Augenblick wieder
zurückschnellen kann. Darüber verbindet der Sternfries und die Reihe
der Fenster zur Frauenempore in ihrem gleichmäßigen Zug diese
Emzelgheder zur fließenden Friesbewegung. Und so wird bei aller
Lebhaftigkeit im einzelnen der Bau als Ganzes doch klar geordnet und
sicher geführt.
Den Endpunkt in der Durchbildung dieses Stils zeigt die zweite der
spanischen Synagogen. Sie steht ebenfalls in Toledo. Samuel Abulafia,
der Schatzmeister Peters des Grausamen, hat sie durch Rabbi Meir
Abdeh zwischen 1360 und 1366 erbauen lassen. Von seinem Palast führte
ein eigener Gang direkt in diese kleine private Synagoge. Sie ist ein-
schiffig, mit Frauenempore und offenem Dachstuhl. Die Dekoration
ist sehr reich, aber im Gegensatz zu dem älteren Bau bloßer Flach-
schmuck. Zwischen zwei Schriftfriesen, dem geistigsten Schmuck,
den es gibt, denn seine abstrakte Form hat auch noch geistige
Bedeutung, hegen verschlungene Ranken. Eine Reihe von Flach-
arkaden, Doppelsäulen, die Zackenbögen tragen, steht darüber. Diese
Formen sind zwar an der Fläche entlang geführt, aber hegen m vielen
Schichten plastisch übereinander, und den ornamentalen Schmuck
stilisierter Ranken übertönt der naturalistische von Weingewinden.
Damit kommt em neues Element in diese Kunst, das der maurischen
140
89 u. 90.
selbst die letzte Einzelheit. Ungegliederte, achtkantige Pfeiler sind die
Stützen. Ihre Kapitelle sind nicht als Träger der Bögen entwickelt,
sondern bloße Zwischenglieder. Vor jeder Kante setzt m ihnen ein Band
an, verschlingt sich mit dem nächsten und endet nach komplizierter
Durchführung in einer Volute, die einen Zapfen trägt. So ist jede Form
wie ohne Anfang und ohne Ende, verflochtene Bewegung, für die es keine
logischen Gründe gibt. Die Bögen über diesen Pfeilern sind Hufeisen-
bögen, eine Charakterform des spanischen Islam. Sie wirkt sehr an-
regend, fast aufregend aufs Auge. Der Halbkreisbogen der Antike war
völlig ausgeglichen, ruhte ruhig auf seinen Pfeilern und wölbte sich von
ihnen aus der Last entgegen. Der Flufeisenbogen aber scheint wie em
Reifen, den man zusammenbiegt und der in jedem Augenblick wieder
zurückschnellen kann. Darüber verbindet der Sternfries und die Reihe
der Fenster zur Frauenempore in ihrem gleichmäßigen Zug diese
Emzelgheder zur fließenden Friesbewegung. Und so wird bei aller
Lebhaftigkeit im einzelnen der Bau als Ganzes doch klar geordnet und
sicher geführt.
Den Endpunkt in der Durchbildung dieses Stils zeigt die zweite der
spanischen Synagogen. Sie steht ebenfalls in Toledo. Samuel Abulafia,
der Schatzmeister Peters des Grausamen, hat sie durch Rabbi Meir
Abdeh zwischen 1360 und 1366 erbauen lassen. Von seinem Palast führte
ein eigener Gang direkt in diese kleine private Synagoge. Sie ist ein-
schiffig, mit Frauenempore und offenem Dachstuhl. Die Dekoration
ist sehr reich, aber im Gegensatz zu dem älteren Bau bloßer Flach-
schmuck. Zwischen zwei Schriftfriesen, dem geistigsten Schmuck,
den es gibt, denn seine abstrakte Form hat auch noch geistige
Bedeutung, hegen verschlungene Ranken. Eine Reihe von Flach-
arkaden, Doppelsäulen, die Zackenbögen tragen, steht darüber. Diese
Formen sind zwar an der Fläche entlang geführt, aber hegen m vielen
Schichten plastisch übereinander, und den ornamentalen Schmuck
stilisierter Ranken übertönt der naturalistische von Weingewinden.
Damit kommt em neues Element in diese Kunst, das der maurischen
140