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Ant. Creutzer Vorm. M. Lempertz [Hrsg.]
Sammlung des verstorbenen Rittergutsbesitzers Theodor Nellessen, Aachen: Gemälde alter Meister, Antiquitäten aller Art, Glasmalereien, Tapisserien, Cordobanische Ledertapeten, Orient-Teppiche, Holzbildwerke, antike Möbel und Einrichtungsgegenstände ; Versteigerung: 9. bis 11. November 1927 (Katalog Nr. 116) — Aachen, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.22207#0012
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durch ein prachtvolles Hauptwerk des Barend van Orley (Nr. 73) in
den Schatten gestellt. Aus der Gruppe der altdeutschen Tafelbilder beansprucht
das kleine, in köstlicher Farbigkeit erstrahlende Bild einer Madonna mit dem
Kinde, das früher Grünewald, dann Cranach und neuerdings, und zweifellos
mit Recht, von Friedländer dem Albrecht Altdorfer zugeschrieben
wurde, besondere Aufmerksamkeit.

Naturgemäß ist die vlämische und holländische Schule des 17. Jahrhunderts
hervorragend reich vertreten. Aachen ist immer, man denke nur an Barthold
Suermondt, ein guter Sammelplatz für Gemälde dieser benachbarten Länder
gewesen und ist es heute noch. „Das Bauernmahl“ von Joos vanCraes-
b e e c k (Nr. 29), das „Bildnis einer Prinzessin“ von Aelbert Cuyp (Nr. 30),
das „Stilleben“ von Willem Claesz Heda (Nr. 51) und die „Musizierende
Gesellschaft“ von Palamedesz (Nr. 88) sind entschieden galeriefähig.
Glanzstücke von Ruf sind die große, lichte Flußlandschaft des Jan von
G o y e n (Nr. 50), ein selten schönes Stück des immer geschätzten Meisters,
das anmutige Familienbild des Thomas de Keyser (Nr. 53) und das glän-
zend gemalte Bildnis eines Prinzen von Oranien des Caspar Netscher
(Nr. 63). Der seltenere Theodor Netscher ist mit einem vornehmen, auch
kostümlich interessanten Damenbildnis (Nr. 64) vertreten. Dem vielseitigen
Aelbert Cuyp wird wohl nicht mit Unrecht ein entzückendes Kinderbildnis
(Nr. 30) zugeschrieben.

Unter den Skulpturen verdienen gleichermaßen zwei Hauptstücke her-
vorgehoben zu werden: „Der trauernde Mann“, wohl ein Johannes aus einer
Kreuzigungsgruppe, eine Straßburger Arbeit des frühen 14. Jahrhunderts
(Nr. 498) und das Mittelstück des Pallant-Altars aus der Kirche zu Roerdorf,
eine gekrönte Madonna, von Engeln umgeben (Nr. 497), ein Hauptwerk jenes
Kölner Meisters, der auch durch eine Andreas-Statue (St. Andreas zu Köln) und
durch eine Engelsfigur in Seligenstadt bekannt ist. Eine bayerische „Hl. Bar-
bara“, Anfang 15. Jahrhundert (Nr. 492) zeichnet sich unter den Statuetten durch
anmutigen Ausdruck und feinen Gewandstil aus.

Es liegt im Wesen dieser Sammlung, die zugleich Hauseinrichtung im
besten Sinne des Wortes ist, begründet, daß die Möbel das Uebergewicht
haben. Gerade hier, bei ihrer großen Zahl, fällt die gleichmäßig hohe Qualität
der Arbeiten auf. Die ältesten Stücke sind zwei spätgotische Aufsatz- bzw.
Stollenschränkchen, die beide aus der Kölner Sammlung Mohr stammen und
ihre gesicherte Geschichte haben. Der Aufsatzschrank aus der Abtei Steinfeld
(Nr. 664) mit zwei Wappen der Familie Metternich, und der Stollenschrank aus
Euskirchen (Nr. 665) mit den Doppelwappen von Mirbach sind rheinische
Schnitzarbeiten von reiner hoher Qualität. Ein großer Renaissance-Humpen-
schrank aus der Abtei Gladbach (Nr. 662), geschmückt mit einem Relief „Das
Gastmahl des reichen Prasser“, das stilistisch an Georg Pencz erinnert, und ein
breiter, fünfseitiger Erkerschrank, aus dem Kölner Kloster in der Kupfergasse
stammend, mit allegorischen Standfiguren in Nischen, zwei Prachtmöbel ihrer
Zeit, schließen sich an. Auch die kleine, von reichem Schnitzwerk überspon-
nene Renaissance-Truhe aus dem Vikariat Röhe, ebenfalls früher in der Kölner
Sammlung Mohr, dürfte in dieser Qualität und Erhaltung heute eine Seltenheit
sein. Die zum Barock überleitenden Typen der großen Aufbau- und Ueberbau-
 
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