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Compte rendu de la Commission Impériale Archéologique: pour l'année ..: Pour l'année 1863 — 1864

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Stephani, Ludolf: Erklärung der im Jahre 1862 bei Kertsch gefundenen Gegenstände
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https://doi.org/10.11588/diglit.12431#0130
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Bild alles Ausserordentliche verlieren würde1. Sollte sich jedoch das weibliche Geschlecht jener
Flügelgestalt wirklich als unzweifelhaft herausstellen, so wäre noch immer kein Grund vorhanden,
an «Nike» oder, wie es dort auch heisst, gar an «Fama» zu denken.

Vielleicht würde man es vorziehen, sich zu erinnern, dass die Schwäne mit den sanften
Luftzügen des Zéphyrs, welche die Alten in der Gestalt der Aura personificirt zu denken pflegten,
in die engste Beziehung gesetzt wurden2. Denn hiernach würde es nichts Unnatürliches sein,
wenn sich Aura, die wir anderwärts3 schon mit Behen fahrend kennen gelernt haben, auch ein
Mal eines Gespanns von Schwänen bedient hätte.

Endlich ist noch eines Vasengemäldes der kais. Sammlung in Wien zu gedenken, welches
eine auf einer Säule sitzende Flügelfrau darstellt, die einem gegenüber stehenden Jüngling eine
Gans überreicht''. Ich vermag noch keinen wahrscheinlichen Namen für diese Frauengestalt
nachzuweisen.

Werfen wir jetzt nach dieser langen, jedoch, wie ich hoffe, für das genauere Verständniss
zahlreicher Kunstwerke nicht unfruchtbaren Betrachtung noch einen Blick zurück auf das Bild,
welches uns die Veranlassung dazu geboten hat, so wird es nun wohl einleuchten, dass sich der
Schwan im schärfsten Widerspruch mit allen übrigen Elementen der Composition befinden würde,
da er die Ekstase wollüstigen Genusses repraesentirt, während der Urheber dieser Composition
Aphrodite und Dionysos offenbar als göttliche Vorsteher des wohl geordneten Familien-Lebens
gedacht und namentlich die erstere Göttin durch das Geschäft des Spinnens als fleissige Haus-
frau charakterisirt hat, dass hingegen die Gans, das Bild der fruchtbaren und sorgsamen Haus-
frau, mit dem in allem Uebrigen ausgesprochenen Grund-Gedanken der Composition im besten
Einklang steht.

Aber auch in Betreff des mehr erwähnten Vasengcmäldes der Sammlung Pourtalès-Gorgier5,
welches mit dem unsrigen wesentliche Elemente gemeinsam hat, bisher aber sich einem vollstän-
digen Verständniss noch entzog, wird es nun gestattet sein, wenigstens eine Vermuthung aus-
zusprechen.

1 Siehe oben p. 74-.

2 Siehe oben p. 32.

3 Compte-rendu de la cointn. arch. pour l'ann.
1862. p. 14.

4 Laborde: Vases de Larnberg To. II. PI. 3.
Vergleiche Boettiger: Kleine Schrift. Th. II. p. 189.

5 Panofka: Musée Pourtalès - Gor^er Pl. 17.
Gerhard: Anlhesterien Taf. 4-. Compte-rendu de la
comm. arch. pour 1'aun. 1859. p. 90.
 
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