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Compte rendu de la Commission Impériale Archéologique: pour l'année ..: Pour l'année 1877 — 1880

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Stephani, Ludolf: Erklärung einiger im Jahre 1876 im südlichen Russland gefundener Kunstwerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.12004#0194
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Sehr hâufig aber unterliess man bei Psyché eben so, wie bei Eros, die Flugel
auszufûhren, theils aus verschiedenen ausseren Grûnden, theils weil man, hauptsâch-
lich in Folge der in rômischer Zeit so beliebten Vorstellung einer von Kindern be-
vôlkerten Welt, den Begriff des Kindes mehr accentuirte, als den der Psyché. Die
Kunstwerke, welche nebst Apulejus, der Psyché stets ganz unzweideutig ungeflû-
gelt denkt1, dièse Thatsache vollgiiltig ausser alleu Zweifel setzen, sind so ilberaus
zahlreich, dass sie hier nicht erst im Einzelnen aufgezahlt zu werden brauchen, und
natûrlieh wûrde deinnach eine Untersuchung ilber Psyché mit Ausschluss der un-
geflûgelten Psychen gar nicht durchgefuhrt werden kônnen. Wenn daher Jahn2 be-
hauptete, dies gethan zu haben, so hat er nicht einmal auf das Acht gegeben, was
er selbst gethan hatte, da er in der That eine ganze Eeihe ungeflûgerter Psychen,
z. B. die der berûhmten Capitolinischen Gruppe, ohne das geringste Bedenken kurz-
weg als Psychen besprochen hat. Natûrlieh aber soll hierdurch nicht etwa den bo-
denlosen Faseleien irgend wie das Wort geredet werden, welche ohne jeden ver-
nûnftigen Grund ungefliigelte Frauengestalten in Psychen zu verwandeln suchen.

Nach diesen Vorbemerkungen werden wir uns der naheren Betrachtung der
Kunstwerke zuwenden kônnen, welche uns die menschliche Seele in der Gestalt eines
Mâdchens, welches bald mit Schmetterlings-, bald mit Vogel-Flûgeln versehen ist,
bald der Flugel ganz entbehrt, in einer Eeihe verschiedener Situationen vorfûhren.
Natûrlieh handelt es sich auch in diesen, wie in den Kunstwerken, welche der
menschlichen Seele die Gestalt eines Schmetterlings geben, vorzugsweise um die
Beseeligung oder die Peinigung derselben durch die Liebe und es wurde schon
oben darauf hingewiesen, dass sich die Mâdchen - Gestalt offenbar wesentlich besser
zu Darstellungen der ersteren Art, die Sehmetterlings-Gestalt besser zu Bildern des
letzteren Inhalts eignete. Ja, wir gehen vielleicht nicht zu weit, wenn wir vermuthen,
dass die Phantasie der Alten namentlich durch eben dièses Bediirfniss auch zur
Anthropomorphisirung des Schmetterlings flberhaupt veranlasst wurde.

ter. Mus. N° 401. Ob auch einFragment inTou- 1 Siehe oben p. 82.
louse (Clarac:Mus.desculpt.P1.654.N°1504.) 2 Arch. Beitr. p. 197.
liierher gehôrt, bleibt ganz ungewiss.
 
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