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Curtius, Ernst
Olympia: ein Vortrag im wissenschaftlichen Verein zu Berlin — Berlin, 1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.4304#0029
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— 28 —

sehen Gottes wurde er mit seinen Siegesgenossen im
Speisesale des Prytaneions, am lleerde des Heiligtimms
bewirtliet. Die Masse des Volks aber lagerte sieh vor
der Altis zwischen wohl versorgten Messbuden im Freien
oder unter Zelten. Wann der schönen Selene geliebtes
Abendlicht leuchtet, singt Pindar, dann erschallt die
ganze Flur bei lieblichen Gelagen von Siegsgesängen. Es
war die lustige Nachfeier des heissen Tags; hier schlös-
sen sich neue Freundschaften, hier begegneten sich alte
Gastfreunde; hier erzählte Jeder von den Wundern sei-
nes Landes und seiner Stadt, alle griechischen Mundar-
ten tönten durch einander; hier wurde gekauft und ver-
kauft, es wurden Geschäfte aller Art gemacht, es war
das bunteste Treiben eines südlichen Jahrmarkts.

Aber nicht mit kurzem Freudenrausche war die Feier
des Siegs beendet; die Kunst fesselte sie in bleibenden
Werken. Nicht sollte die Gestalt der Sieger nach flüch-
tigem Eindrucke aus dem Gedächtnisse der Hellenen wie-
der verschwinden. Sie wurden im Erzgusse dargestellt,
kommenden Geschlechtern zur Erinnerung und zur Nach-
eiferung; wer dreimal gesiegt hatte, durfte in ganzer
Grösse und in voller Treue dargestellt werden. Die Dar-
stellung der Wettkampfer entzündete neuen Wettkampf
unter den bildenden Künstlern. Denn bald begnügte sich
die Kunst nicht damit, die Gestalt des Siegers lebendig
wieder zu geben, sondern auch die verschiedenen Gat-
tungen der Spiele, die besondere Tüchtigkeit der Käm-
pfer, ja die entscheidenden Momente des Wettkampfs
und die Stellung, in welcher der Sieg gewonnen war.
Man sah den Diskobolen mit aller Muskeln Anspannung
zum Wurfe antreten, man sah den sieggewohnten Faust-
kämpfer ruhig die Arme auslegen, es konnte ihm Keiner
beikommen; man sah den Läufer, mit dem letzten Athem-
zuge auf der trockenen Lippe, vorgestreckt am Ziele
anlangen. Die Kunst lernte liier die Handlung in ihrem
 
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