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Curtius, Ernst
Ephesos: ein Vortrag, gehalten im wissenschaftlichen Verein zu Berlin am 7. Februar 1874 — Berlin, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.4606#0029
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29

wahrscheinlich eine Läuterung' des Gottesdienstes, indem
gewisse besonders anstöi'sige Satzungen der asiatischen Hie-
rarchie, wie das Eunuchenwesen; beseitigt wurden. Da
aber die wesentlichen Rechte des Tempels anerkannt und
neu bestätigt, ja frühere Verletzungen derselben so gut wie
möglich gesühnt wurden — wie denn Augustus den von
Antonius geraubten Apollo des Myron dem Tempel zurück-
gab —, waren die Yortheile der neuen Organisation bei
Weitem überwiegend. Die Römer standen seit den Zeiten des
Senilis in einem Pietätsverhältniis zu Ephesos. Es war jetzt
die anerkannte Hauptstadt von Kleinasien, und ein Gesetz
bestimmte, dal's alle Statthalter der Provinz Asien zuerst in
Ephesos landeten, um hier ihren solennen Einzug zu halten.
Seit Beendigung der Bürgerkriege blühten Handel und Wandel
mehr als je zuvor; nun war endlich ein Weltreich vorhanden,
wie es die Priester der Artemis immer erzielt hatten, ein
friedlich geeinigtes, in welchem die schroffen Unterschiede
zwischen Barbaren und Hellenen und alle störenden Gegen-
sätze der Nationalitäten in einer allgemeinen Weltbildung
sich allmählig ausglichen. Nun erst wurde das mit prak-
tischem Römerverstande reorganisirte Heiligtlmm ein wirklich
ökumenisches und genofs durch die ganze bekannte Welt
vom Euphrat bis nach Hispanien und Gallien, wo unter seiner
Autorität die ersten Griechen eine Stadt gegründet hatten,
eine unbedingte Anerkennung, so dafs Ephesos, von Anfang
an mehr als irgend eine andere Stadt des Altertlnuns zu
einei- Weltstadt angelegt, nun sein Ziel erreichte. Jetzt war
es ein Centrum für die Ost- und Westhälfte der bewohnten
Erde, welche sich immer völliger durchdringen sollten, der
Brennpunkt der beiderseitigen Gulturen, der grofse Markt,
auf welchem alle Sprachen durch einander tönten, alle Er-
 
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