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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Kaupert, Johann A. [Hrsg.]
Karten von Attika (Heft I): Erläuternder Text: Athen und Peiraieus — Berlin, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.768#0015
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Die Idee der Uebersiedelung ist schon eine grofsartige, staunenswerther aber noch ist die Art
wie die vortrefflichen Häfen wirklich zu einem gesicherten Ort für die Flotte gemacht wurden.

Das ganze Terrain, welches man für die Häfen und Hafenstadt ausgewählt hatte, wurde ringsum
mit Befestigungsanlagen umgeben, deren Spuren wir dem ganzen Umfange der Stadt nach noch heute
finden, und meistentheils wenigstens in ihren Fundamenten noch so wohlerhalten, dass es möglich ist,
uns ein genaues Bild der ganzen grofsen Befestigungsanlage zu machen. In Konstruktion und Anordnung
unterscheiden sie sich wesentlich darnach, ob sie gegen einen von dem Meere oder von dem Lande
herkommenden Feind aufgeführt wurden.

. Wir unterscheiden daher eine Land- und eine Seebefestigung.

A. Seebefestigimg.

Die zur Vertheidigung dienenden Mauern folgen genau den Biegungen der Küstenlinie und bleiben
meistentheils 20—40m von letzterer entfernt; so weit, dass die Wellen den Mauern nicht schaden, so
nah, dass weder feindliche Abtheilungen, noch Belagerungswerkzeuge Raum zur Aufstellung fanden.

An den wenigen Stellen der Halbinsel, an denen die Küste senkrecht aufsteigt, fällt der Grund
des Abrückens der Mauer vom Küstensaum fort; sie steht hier unmittelbar am Absturz, wie das aus
der Karte des Piraeus zu ersehen ist.

Ich verzichte darauf den Lauf der Seebefestigung im Einzelnen zu beschreiben, die Karte giebt
ihn genauer, als eine Beschreibung denselben liefern könnte.

Die Dicke dieser Befestigungsmauer beträgt durchschnittlich 3—3,60 m; sie ist ausserordentlich
sorgfältig aus piraeischem Stein gebaut. Zahlreiche Steinbrüche, welche sich als unzweifelhaft antik
erkennen lassen, dicht vor und hinter der Mauer, zeigen woher das Material genommen wurde.

Um die gleich grofsen, mit Schlag und Spiegel wohl versehenen Steine horizontal legen zu
können, finden wir überall in den Felsen, welcher meistens Nagelfluhe ist, scharfkantige Lehren ein-
geschnitten, aus denen jetzt an vielen Stellen die Steine fortgenommen sind, um zu Neubauten in der
aufblühenden Hafenstadt verwandt zu werden.

Diese Lehren laufen, da die Mauern in der Mitte mit Steinbrocken und Erde ausgefüllt waren, in
zwei Reihen neben einander her und sind jede 0,70 m breit, so dass von der ganzen Dicke der Mauer
1,40m massiv, der Rest aber ausgefüllt ist. Diese Mauern wie überhaupt alle, welche im Laufe dieser
Abhandlung berührt werden, sind ausnahmslos ohne Mörtel errichtet.

Die Mauer wird durch 4—6 m vorspringende Thürme flankirt, welche, 6 m lang, genügenden Raum
für den Vertheidiger boten. Sie sind 50—60 m von einander entfernt, so dass wir auf der Strecke von
dem Anfangspunkt der Mauer bei dem grofsen Thurm am südlichen Theil des Einganges zum Hafen
Piraeus bis zur sogen. Phreattys allein 54 Thürme zählen.

Von dem Denkmal des Miaulis bis zu dem soeben erwähnten Thurm stehen die Thürme weiter
von einander entfernt als südlich desselben. Ich glaube den Grund hierzu in der Gestaltung der Küste
gefunden zu haben, welche hier vor sich flaches, dem Anlaufe feindlicher Schiffe nicht günstiges Wasser
hat^während auf dem südlichen Theil der Halbinsel das tiefe Fahrwasser den feindlichen Schiffen ein
näheres Herankommen gestattet, die Gefahr eines Landungsversuches hier also gröfser war.

Auch westlich der Phreattys, wo die sehr steil abfallende Küste eine Landung unmöglich machte,
finden wir die Thürme weiter von einander entfernt.

Diese Mauern bildeten eine von Hafeneingang zu Hafeneingang fortlaufende Linie.

Die auf dem Lande errichteten Befestigungswerke allein reichten jedoch nicht aus, den in den
Häfen liegenden Schiffen genügenden Schutz zu gewähren. Die Häfeneingänge waren zu breit um sie
mit den damaligen Waffen beherrschen zu können, und es wurden deshalb Steindämme (Molen) in das
Meer vorgeschoben, welche die Einfahrt verengten, und gleichzeitig die Bewegung der Wellen vom
Bassin des Hafens abhielten.

Die gröfste dieser Bauten verlangte der Piraeus-Hafen, dessen 310 m breite Einfahrt durch zwei
von Norden und Süden vorspringende, je 130 m lange Molen auf 50 m verengt wurde.
 
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