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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Kaupert, Johann A. [Hrsg.]
Karten von Attika (Heft III-VI): Erläuternder Text — Berlin, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.772#0033
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Die kleinere, westliche Hafenebene von Sunion, an deren Berghängen heut wieder Gruben-
bau auf Eisen, Blei und Galmei betrieben wird, ist namentlich reich an jetzt geöffneten, wie es scheint,
armen Gräbern, die eine kleine Nekropolis bilden. Von Spuren irgend eines gröfseren Bauwerkes (vgl.
die Karte: „Poseidontempel") habe ich nichts wahrnehmen können.

Auf dem Wege nach Legranä fanden sich die Geleisspuren einer nahe am Meer entlang
führenden Fahrstrafse. Heut ist der Felsen, in dem sich die Rillen zeigen, vielfach geborsten. Die
Messung der Theile ergab einen Abstand der Innenränder von 1,28 m.

Die Gegend von Legranä (Alegrana, Alegrona: Gell, Surmelis; Legrina, Legriona: Stuart, ein
Name, in dem man bald Laurion, bald Azenia, ngr. Asinia, von allegro = asino hat erkennen wollen),
ist heut eine dürre Strandebene mit verlassenem Vorwerk des Klosters Pentelikon im nördlicheren
Theile. Die einzigen Spuren mittelalterlicher und vermuthlich auch antiker Ansiedlung finden sich süd-
östlich, am Westfufs des Küstenberges (a. d. Karte: Aspro Lithari), welcher die Grenze nach Sunion
bildet und auch Mauerzüge von einer Wegsperre zu tragen scheint. Die bezeichnete Örtlichkeit weist
aufser einem Brunnen mit auffallend gutem Trinkwasser die Ruinen von Häusern und einer grofsen Kirche
auf, letztere vielfach durchwühlt, da an dieser Stätte die Sage von einem verborgenen Schatze haftet.

Die Verbindung der Ebene von Legranä mit dem Innern führt nicht nur das Rhevma aufwärts
(nach Megala Pevka, s. oben); auch in nordöstlicher Richtung, zur Höhe des westlich von Megali Vigla
gelegenen Plateaus, zeigen sich an den Abhängen des Nebenrhevma bedeutende Reste eines alten
Terrassenweges. Derselbe diente wohl vorzüglich den Zwecken des Bergbaues, von dem jenes Plateau
deutliche Spuren enthält; auch ein Brunnen findet sich dort, der noch heute Wasser spendet.

Auf die Fortsetzung und Bedeutung jenes Verkehrsweges läfst nordwestlich der Megali Vigla
(vgl. die Karte: Grabhügel bei Höhenziffer 177,2) eine Grabanlage mit Resten stattlicher Marmor-
denkmäler schliefsen, die sich denen am Sunionwege zur Seite stellen und noch etwas besser erhalten
sind; s. „Antikenber." No. 300—302: Grabrelief eines Jünglings, einer Frau mit Dienerin und Inschrift-
fragment, daneben zahlreiche Marmorstücke, alle im Bereich eines grofsen umgewühlten Tumulus; ein
kleinerer daneben.

Westlich von Legranä grenzen die ins Meer fallenden Ausläufer der bogenförmig herum-
gelagerten Baphi-Höhen das Küstengebiet von Charaka ab. Die Bezeichnung stammt, wie längst be-
merkt worden ist, von der gegenüberliegenden Insel IlaTQÖxXov %äqa^ (Strab. S. 398; Paus. I, t, 1), so
genannt nach einer noch heute als Wall aus rohen Steinen sichtbaren Verschanzung, welche Patroklos, der
Befehlshaber einer gegen Antigonos ausgesandten ägyptischen Flotte an der nordöstlichen Küste angelegt
hatte. Das felsige Eiland, selber jetzt Gaidaronisi (Eselsinsel) genannt, wird von dem Besitzer an
vlachische Hirten als Weidegebiet für ihre Ziegen verpachtet.

Die Festlandsbucht von Charaka weist gegenwärtig die gleiche Verödung auf wie Legranä, und
entbehrt selbst deutlicher Anzeichen einer früheren Cultur. Auf der Höhe des südöstlichen Vorgebirges
stand vermuthlich einer der mittelalterlichen, die Küste umsäumenden Wartthürme. Westlich, nach der
Bucht von Anavyso zu, bemerkt man indessen noch, wie so oft, Terrassenmauern, die in antiker Zeit das
Erdreich für Weinbau und andre Anpflanzungen stützten.

Aufser Zusammenhang mit dem Küstengebiet erstreckt sich nördlich von Charaka, zwischen
dem Baphigebirge und der Höhe des Propheten Elias, eine kleine, auch gegenwärtig wohl beackerte
Ebene. Sie trägt ihren Namen nach der von Resten klösterlicher und bäuerlicher Ansiedlung um-
gebenen Kirche der Hagia Photini. Spuren des Alterthums fehlen heute fast ganz. Dasselbe gilt
von dem akropolisartigen Plateau mit der Kapelle des H. Elias. Erst einige, z. Th. geöffnete Grab-
stätten an seinem Fufse, zu beiden Selten des von der H. Photini aus westlich vorbeiführenden Weges,
bestätigen die natürliche Annahme lebhafterer Bewohnung in antiker Zeit. Auf der westlichen Anhöhe
über der Strafse lagen noch im Mittelalter zwei Kirchen, die eine vielleicht von Gehöften umgeben;
doch tragen ihre Reste nicht, wie die Karte angiebt, den Namen Metochi. Das Metochi (Vorwerk von
Legranä) liegt vielmehr 1500 m weiter nordöstlich in einer zum Rhevma von Legranä hingeneigten
Thalsenkung (vgl. die Südostecke des Kartenblattes Olympos). Wenn auch verlassen, ist dieses Gehöft
heute noch in bewohnbarem Zustande. In gleicher Richtung gelangen wir zu den oben (S. 28)
beschriebenen Stätten von Berseko.
 
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