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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Kaupert, Johann A. [Hrsg.]
Karten von Attika (Heft III-VI): Erläuternder Text — Berlin, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.772#0040
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Sage von der Rast des Theseus auf seinem Auszug zur Bezwingung des Marathonischen Stieres: sie
liefs den rüstigen Helden auf dem nächsten Wege zum Schauplatz seiner That eilen. In der Mesogia
erzählte man mir von „einer Frau, die dort alles Land besessen habe", — anscheinend eine Nachwirkung
des Hekalemythus; ferner von einem verborgenen „ayaXfia %ov ßaailewg", — eine Reminiscenz an Zeus
Hekalesios?.

Von Kalisia gelangt man in südöstlicher Richtung längs einem anderen Nebenarm des grofsen
Baches, dem aus starken Quellen gespeisten Dasomari-Rhevma, zu dem durch hohe Cypressen gekenn-
zeichneten Weiler Piker mi (auch Pikernae; albanes.: Pikerä); den Weg begleitet die von dem jetzigen
Besitzer, Herrn Alex. Skous6s, angelegte offene Dasomari-Wasserleitung. Pikermi wird von Finlay (bei
Hoffmann a. a. O. S. 35) und Leake (Demi2 S. 29 fg.), der sich z. Th. auf jenen bezieht, zu den bevölkertsten
Theilen des alten und mittelalterlichen Attika gezählt, auch mit einer Festung bedacht, die ich vergeb-
lich suchte; (oder ist der Etosi gemeint?). Immerhin ist die Lage äufserst günstig; spätere Bewohnung
mag hier gleichfalls die Seltenheit antiker Reste erklären. Ölbaumzucht, Weinbau und ein grofser Frucht-
garten gedeihen auch heute auf der rechten Seite des Flusses bis nach dem neuen Gut Passades hin
vortrefflich. Das wasserführende Rhevma hat sich gerade am Ende seines südwestlichen, (dann nach
West und Nordwest biegenden) Laufes ein besonders tiefes Bett mit steilen Rändern in das Diluvium
gegraben, wodurch zunächst auf natürlichem Wege fossile Knochen einer zur Zeit nur noch in Ostafrika
beobachteten Fauna blofsgelegt wurden. Diese Funde (einer der ersten Sammler war Finlay s. a. a. O.
S. 35) und spätere Ausgrabungen (durch Theod. v. Heldreich, Gaudry, Neumayer, Tausch, Dames) haben
den Ort Pikermi unter den Paläontologen allgemein bekannt gemacht. Die ergiebigste Stätte befindet
sich genau östlich von dem viereckigen Dorfgehöft zu beiden Seiten, besonders aber der südlichen, des
Wegüberganges. Eben hier, auf der Höhe des rechten Ufers, finden sich bereits Spuren aufgelöster
Wohnungen, ein Brunnen und der Rest einer Kapelle (des Hag. Georgios). Dabei mancherlei antike Steine:
eine Thürschwelle, ein Basisblock mit runder Eintiefung, ein profilirtes Gesimsstück u. s. w. Dasselbe
gilt von dem südlich gelegenen, noch erhaltenen Kirchlein Metamorphosis: vor der Thür eine völlig ver-
riebene Grabstele mit zwei Rosetten, Reste von Marmorsäulen, eines Gesimsstücks (wie oben), ein dorisches
Kapitell aus Breccia, kleine ionische Kapitelle, im „heiligen Tisch" ein profilirter Untersatz oder Altar;
sodann, gleichfalls im Innern autbewahrt, eine Votivtafel und ein Inschriftfragment (vgl. „Antikenber."
No. 316, 317; andere Inschriften aus Pikermi ebenda 314, 315, 318). Weiter südöstlich das Besitzthum des
Herrn Petrakis: Passades, mit den Fundamenten einer Kirche östlich davor. Eine ionische Basis
und ein Skulpturfragment über dem Hofthor bilden den einzigen Antikenbestand. Westlich, am Süd-
rande des Weinfeldes und nach dem von Pikermi herabkommenden Wege zu, finden sich einzelne Grab-
hügel und auf einer natürlichen Erhebung (s. d. Karte, Höhe 131 „Grab") alte Fundamente; nachträglich
wurde mir in dieser, Krypsäna genannten, Gegend die Existenz eines unterirdischen Baues (Cisterne
oder Grab?) angedeutet.

Von Pikermi führt in anfangs nordöstlicher, dann nördlicher Richtung ein Weg zu dem grofsen
verlassenen Kloster Dau, neben Mendeli und Kalisia der dritten völlig zur innern Gebirgslandschaft des
südlichen Pentalikonabhanges gehörenden Ansiedlung, mit dem letzteren Orte gleichfalls durch einen
näheren Höhenpfad verbunden. — Von Pikermi aus durchschneiden wir zunächt die dürre und steinige
Haidegegend Katrypi, deren antike „Grundmauerspuren", soweit sich solche constatiren liefsen, höchst
gering und ohne selbständige Bedeutung sind. Einen Vorort des Klosters bildet in 2sf„ Kilometer Ent-
fernung vom Übergange des Grofsen Rhevma, zwischem den Bache von Dau und einem Nebenarm ge-
legen, die Kirche Paraskevi mit Spuren einstigen Anbaues; (an der Frontseite eingemauert der obere
Theil eines merkwürdigen, unattischen Grabsteins: „Antikenber." No. 319).

Kloster Dau am linken Ufer des wasserreichen, von Oleanderbüschen und herrlichen Platanen be-
gleiteten Baches, gehört unstreitig zu den interessantesten und bedeutendsten der uns erhaltenen Kirchen-
bauten byzantinischen Stils in Griechenland. Während die von starker Mauer umgebenen, von einem
Wachtthurm überragten Klosterräume, Schuppen, Ställe u. s. w. mehr oder minder der Zerstörung anheim
gefallen sind, befindet sich die grofse Kirche noch in verhältnifsmäfsig gutem Zustande. Eine gekuppelte
Vorhalle führt in den Innenraum, dessen Centralkuppel auf schlanken mit Bogen verbundenen Säulen von
mächtiger Spannung ist. Dieselbe wird von einer zierlichen Galerie umgeben. Zahlreiche byzantinische
Ornamentplatten der Marmorauskleidung sind noch vorhanden. Zu den denkwürdigen Eindrücken, die
 
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