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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0178
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GROSSGRÜNDLACH • PFARRKIRCHE

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Fenster des Chorturmes verteilt und dort jeweils in Vierergruppen arrangiert8. Am 23. Mai 1940 wurden die Glasge-
mälde durch den Nürnberger Glasermeister Ammer ausgebaut und im Luftschutzkeller des Schlosses geborgen9. Im
Zuge der umfassenden Kirchenrestaurierung 1954/55 wurden schließlich sämtliche Glasgemälde im Ostfenster hinter
dem Altar zusammengeführt10. Die seinerzeit auf Anregung der Denkmalpflege für die Fensterspitze ausgeführte
moderne Farbverglasung wurde wenig später wieder entfernt. Die letzte Restaurierung und Schutzverglasung der
Fenster erfolgte im Jahr 1981 in der Nürnberger Werkstatt Dr. Gottfried Frenzei11.
Erhaltung: Abgesehen von den besagten Beschneidungen aller acht Bildfelder, in der Breite wie in der Höhe um ca.
12-15 cm, sind die Glasgemälde insgesamt wesentlich besser erhalten geblieben als die gleichfalls dem Karmeliter-
Zyklus entstammenden, in ihren ursprünglichen Architektur- und Astwerkrahmen weniger stark beschnittenen
Scheiben der Bartholomäuskirche in Wöhrd (vgl. S. 314). Hervorzuheben sind in erster Linie die außergewöhnlich
geringfügigen Ergänzungen, teils mit alten Flickstücken, teils rekonstruktiv im späten 19. Jahrhundert. In der Regel
tragen diese Ergänzungen auf der Rückseite kalte ockerfarbige Abdeckungen aus späterer Zeit - mutmaßlich aufge-
legt, um störende Abweichungen in der Farbwirkung zu dämpfen. Die originale Bemalung ist in sieben von acht
Scheiben noch weitgehend intakt bewahrt, umfaßt auch noch wesentliche Partien rückseitig aufgebrachter Lasuren
mit Braunlot und Eisenrot. Größere Verluste an innenseitiger Schwarzlotzeichnung und Halbtonmodellierung zeigt
allein das Feld mit der Szene des Zwölfjährigen Jesus im Tempel. Das Bleinetz ist in allen Feldern erneuert.
Rekonstruktion, ikonographisches Programm, kunsthistorische Würdigung: Zum ursprünglichen Umfang
des Zyklus und zur Rekonstruktion des ehemaligen Gesamtprogramms im Kontext der Kreuzgangsverglasung des
abgegangenen Nürnberger Karmeliterklosters vgl. den betreffenden Anhang I, S. 539-552. Dort finden sich auch die
einführenden Kapitel zur übergreifenden kunsthistorischen Charakterisierung des gesamten, jetzt auf verschiedene
Standorte verteilten Zyklus.
Vorbemerkung zum Katalog: Die Glasgemälde wurden im Mai 1999 vom Gerüst aus untersucht und neu auf genom-
men. Dem Abbildungsteil liegen neben den Neuaufnahmen von 1999 für einzelne Kopfdetails Aufnahmen von 1986
zugrunde, die während der Ausstellung »Nürnberg 1300-1550. Kunst der Gotik und Renaissance« im Germanischen
Nationalmuseum angefertigt wurden.

CHORFENSTER I Fig. 65-69, 71-77, 394, 396, Abb. 78-89
Durch Eisenarmierung zweigeteiltes Spitzbogenfenster von zehn Rechteck- und zwei Bogenfeldern. Die acht farbigen
Felder sind heute in den unteren vier Zeilen des Fensters zusammengestellt. Die Rahmenmaße der schon frühzeitig
beschnittenen, später wieder angestückten Rechteckfelder betragen durchschnittlich 74 x 58,5 cm; bei den Einzelfel-
dern sind wie üblich die lichten Maße, doch jeweils ohne die später angefügten seitlichen Perlbänder angegeben. Die
ursprünglichen Maße der Scheiben betrugen durchschnittlich etwa 84 x 66 cm.

1a MARIA AM WEBSTUHL / HIMMLISCHE SPEISUNG
Fig. 67, 69, Abb. 81
H. 69 cm, B. 50-50,5 cm.
Wappen und Inschriften: Links unten das Wappen Petz (Betz)12:
in Rot steigender Steinbock über Dreiberg (Rotüberfang abge-
wittert); daneben kleines Beischild mit den Initialen A/13.
Erhaltung: Bildfeld auf beiden Seiten und oben stark beschnitten
(vgl. unten); die ursprüngliche Astwerkrahmung ist demzufolge
bis auf einen kleinen Zwickel rechts oben verloren. Nachträglich
angesetzte Perlbandstreifen. Vereinzelte kleinere Ergänzungen
und alte Flickstücke in der gelben Albe des knienden Engels und
den Flügeln vermögen den ansprechenden Gesamtzustand der
Restscheibe kaum zu trüben. In der Glassubstanz ebenfalls gut;

8 Abbildung bei Schinnerer, 1909/10, S. 242h
9 Haller, 1990, S. 123.
10 Kurzinventar Nürnberg,21977, S. 345.
11 Im Rahmen der Generalinstandsetzung der Kirche 1977-1987 waren
die Scheiben ausgebaut und in der Ausstellung »Nürnberg 1350-1550.
Kunst der Gotik und Renaissance« 1986 im Germanischen National-
museum zu sehen gewesen.
12 Identifizierung nach Knappe, Großgründlach, 1961, S. 61; dasselbe
Wappen kommt als Beischild des Schürstabschen Wappens nochmals in
der nebenstehenden Scheibe der Vermählung Mariae mit Joseph vor.
13 Knappe, Baldung, 1963, Anm. 308, identifiziert die Hausmarke hl als
die des Läufer Bürgers und Messingschlagers Hans Leitgeb, dessen bron-
zene Grabplatte im GNM das gleiche Monogramm aufweist. Laut
 
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