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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0451
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ROTHENBURG • STADTKIRCHE ST. JAKOB

Komposition, Farbigkeit, Ornament: In den beiden Öffnungen
der gekuppelten gelben Rundbögen erscheinen als Vogel und als
Halbfigur, vor durchgehend rotem Nierenblattgrund, links der
Johannesadler, blau mit gelbem Schnabel, gelben Fängen und
weißem Nimbus, und rechts der Lukasstier in grüner Tunika,
hellbraunen Händen, weißem Stierkopf und gelbem Nimbus.
Am unteren Rand in der Funktion einer Balustrade die gelbe
Schriftleiste mit den Namen der Evangelisten. Beidseitig und
unten weiße (teils stark verbräunte) Randstreifen.
Technik, Stil, Datierung: Technische Ausführung und Stilbild
stimmen in jeder Hinsicht mit dem Rest des Fensters überein
(deutlicher noch im Matthäuskopf in Feld 2c ersichtlich), so
daß die von Ress vertretene frühere Entstehungszeit der Evan-
gelistenbilder gegenüber dem Rest des Fensters, bereits um
1310-1330, zurückgewiesen werden muß82.
CVMA A 11122, Dia A 64 (MF)
2c EVANGELISTENSYMBOLE: MATTHÄUS
UND MARKUS Fig. 316, Abb. 327,342
H. 34-34,5 cm, B. 44,5 cm.
Inschriften: Auf dem Sockelstreifen unter den Symbolen in
gotischer Majuskel: • S(ANCTUS) ■ MATHEVS ■ S(ANCTUS) ■
MARCVS-
Erhaltung: Ergänzungen bleiben auf die ornamentierten Rand-
streifen und ein kleines Stück der Inschrift beschränkt. Bleinetz
erneuert.
Ikonographie: Anthropomorphe Darstellung der Evangelisten-
symbole: Matthäus als Mensch und Markus als Löwe.
Komposition, Farbigkeit, Ornament: Links in blauem Gewand
der Matthäusengel mit leuchtend grünem Nimbus, rechts der
graublau nimbierte Markuslöwe in Grün mit gelbem Löwen-
kopf. Inkarnate blaßgrau bis -braun. Rahmung und Farbigkeit
des Hintergrunds (hier als Kleeblattmuster) entsprechen 2b.
CVMA A 11123, Dia A 65 (MF)
2/3 d PROPHET ISAIAS IN ARCHITEKTUR-
TABERNAKEL Fig. 316, Abb. 327
H./B.: 2d: 96 / 45,5 cm; 3d: 96 / 44,5 cm.
Inschriften: Umschrift in gotischer Majuskel: • ECCE ■ VIRGO •
CON / CIPIET • ET ■ PIET / • FI LIV ■ (ecce virgo concipiet et
pariet filium; Is 7,14). Auf dem Schriftband in der Hand des Pro-
pheten: • ISAIAS ■ P(RO)PHETA.
Erhaltung: Im Kern des Figurentabernakels weitgehend alte
Substanz. Am gravierendsten fallen der aus anderem Zusammen-
hang hier eingeflickte Kopf des späten 14. oder frühen 15. Jh.
und drei benachbarte Ergänzungen im Rankengrund ins
Gewicht. Im roten Grund der Umschrift mehrere in nachmittel-
alterlicher Zeit ersetzte Gläser; im weißen Randstreifen neben
umfänglichen Ergänzungen Kellners auch zahlreiche alte Flicken
mit abweichendem SOS-Muster. In den Rankengründen partiell
Schwarzlotabrieb. Bleinetz erneuert.
Ikonographie: Die Prophezeiung Isaias von der jungfräulichen
Empfängnis nimmt - ebenso wie der Micha-Text in der linken
Fensterbahn - Bezug auf die dazwischen stehende Szene der Ver-
kündigung (3b/c). Die Textstelle zählt zu den vornehmsten mes-
sianischen Weissagungen und fehlt in diesem Kontext nahezu in
keinem typologischen Programm.
Komposition, Farbigkeit, Ornament: Bildarchitektur, Umschrift
und Karogrund entsprechen 2/32. Lediglich das blaue Kleeblatt-

muster hinter dem Propheten weicht in Gestalt und Farbe vom
gegenüberstehenden Pendant ab, und die kleinen flankierenden
Fensterchen über dem waagerechten Strebebogen sind hier rot
statt blau, der Vierpaß gelb statt weiß. Die ausgezehrte Prophe-
tenfigur ist in einen roten Mantel mit weißem Futter und weißen
Zierstreifen gehüllt; kaum noch erkennbar die grauviolette
Tunika darunter. Inkarnate braun, Schriftband gelb.
CVMA A 11126, Dia A 66/70 (MF)
3b ENGEL DER VERKÜNDIGUNG Fig. 316, Abb. 327
H. 96-96,5 cm, B. 44-45 cm.
Inschriften: Auf dem Spruchband der Engelsgruß in gotischer
Majuskel: AVE ■ MARIA ■ GRACIA ■ PLENA.
Erhaltung: Außer umfassenden Randarbeiten, die noch die
unterste Karozeile des Teppichgrunds mit einbeziehen ist das
Feld durch zahlreiche Sprungbleie und kleinere Flicken in Mit-
leidenschaft gezogen. Angesichts des engmaschigen Bleinetzes
fällt die Breite der Ruten negativ ins Gewicht. Kopf doubliert.
Ikonographie, Komposition: Die Verkündigung an Maria ist eine
von drei Szenen des Fensters, in denen die Komposition auf zwei
benachbarte Medaillons - hier in Form gleichartiger, langgezoge-
ner Vierpaßrauten - ausgedehnt wurde. Die beiden Akteure neh-
men außerdem durch eine subtile spiegelbildliche Entsprechung
in den Körperhaltungen über Medaillonrahmen und Fensterpfo-
sten hinweg aufeinander Bezug. Das linke Medaillon wird ganz
von Gabriel gefüllt und stellenweise sogar durch Flügel und
Spruchband überschnitten. Der Engelsbote nähert sich in auf-
rechter Haltung, den rechten Arm zum Gruß ausgestreckt; mehr
als die Figur verweist das weit ausflatternde Spruchband auf die
eben erst zum Stillstand gekommene Bewegung (s. auch 3c).
Farbigkeit, Ornament: Zum durchlaufenden Teppichgrund mit
seitlich begleitenden Ranken, der gleichermaßen alle Medaillons
der beiden Mittelbahnen hinterfängt, im folgenden stets die
übergreifenden Abschnitte S. 438 f. Das durch einen äußeren gel-
ben Efeublattrand und ein inneres rotes Perlband gerahmte
Medaillon zeigt im Innern hellblauen Blattrankengrund. Der
Erzengel trägt einen weißen Mantel mit grünem Futter über pur-
purrosa Untergewand. Inkarnatton hellbraun, Nimbus und
Spruchband gelb, die Flügel blaß-/dunkelviolett geteilt. Stand-
fläche smaragdgrün über weißem Stirnprofil und violetten
Blendbögen im Zwickel.
CVMA A 11122, Dia A 68 (MF)
3c MARIA DER VERKÜNDIGUNG Fig. 316, Abb. 3 27
H. 96,5-97 cm, B. 44-45 cm.
Erhaltung: Zahlreiche kleine Flickungen, teils des 19. Jh., teils
mit alten Scherben, die noch Spuren ihrer ursprünglichen Bema-
lung zeigen. Zählt trotz immer noch weit überwiegender alter
Substanz zusammen mit 3b zu den am schlechtesten erhaltenen
Feldern des Fensters.
Ikonographie, Komposition: Ihrem Pendant in 3b entsprechend

82 Ress, Kdm. Bayern, MF VIII, 1959, S. 133. Dagegen hat bereits
Schützenmeier, 1983, S. 27 und 31-38, die stilistische Zusammengehö-
rigkeit hervorgehoben, ihrerseits aber an der ebenso irrigen Ansicht fest-
gehalten, die Evangelistensymbole seien, wie die Stifterscheiben und die
Darstellung der Hll. Jakobus und Elisabeth, erst später mit dem Achsen-
fenster zusammengeführt worden. Vgl. S. 429 f.
 
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