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Gast, Uwe; Rauch, Ivo
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim, Rhein- und Südhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2011

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52850#0325
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OPPENHEIM ■ KATHARINENKIRCHE

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Ornament Typus E: Sein Grundgerüst bilden gelbe Stäbe, die ein
rechteckiges, von weißen, rot- und blaugrundigen Blattstäben ein-
gefasstes Binnenfeld mit Viertelkreisen in den Ecken und einem
darauf liegenden großen Kreis ausbilden; dieser Kreis ist mit einem
(ursprünglich) stehenden weißen Achtpass gefüllt, dem eine acht-
blättrige, gelb/rote Blütenrosette und ein Kranz von acht weißen
Weinblättern eingeschrieben sind, wie auch die Viertelkreise, die sich
im Rapport zu Halbkreisen mit halbierten Vierpässen addieren, mit
Weinblättern gefüllt sind; der kaum durchscheinende Grund ist rot,
im Innern der Viertelkreise blau (Fig. 245, 253, Abb. 172).
Ornament Typus F: Zwischen gegenständigen weißen Stäben ist im
Zentrum ein auf der Spitze stehendes weißes Quadrat gespannt, das
ein gelbes Quadrat, einen darauf liegenden gelben Kreis mit Maßwerk-
nasen und einen stehenden hellblauen Vierpass mit weißer Blattro-
sette bzw. mit rot/weißer Blütenrosette umschließt; in den großflä-
chigen Zwickeln liegen auf rotem Grund von unten nach oben bzw.
von oben nach unten wachsende gelbe Eichblattranken, die beider-
seits von weißen Blattstäben auf hellblauem Grund gesäumt werden
(Fig. 260, Abb. 1S9)214.
Ornament Typus G: Das von Franz H. Müller in süd IX überlie-
ferte, noch in Resten erhaltene Muster zeigt eine ähnliche Grund-
struktur wie das Ornament Typus E. Sein Gerüst aus gelben Stäben
bildet im Binnenfeld anstelle der vier Viertelkreise nunmehr oben
und unten zwei nebeneinanderstehende Bogendreiecke aus, auf de-
ren Rändern der gelbe Kreis im Zentrum aufliegt; Letzterer ist mit
einem gelben Achtpass mit einer violett/hellblauen bzw. violett/roten
Blütenrosette und einem Kranz weißer Weinblätter gefüllt, während
die Bogendreiecke mit Nasen besetzt sind, die innen hellblau/rote
bzw. rot/hellblaue Dreipässe und außen in den Zwickeln halbierte


Fig. 244. Ornamentfenster. Haina, ehern. Zisterzienser-
Klosterkirche, Lhs. N XIV, 8/98.
Frankfurt(?), um 1330/40.

bzw. geviertelte grüne Vierpässe formen; die unterschiedlichen Randstreifen bestehen aus weißen Bltitenrosetten und
gelben Blättern auf hellblau/rotem Grund bzw. aus roten, hellblauen und gelben Kreisen mit gemalter Vierpassfüllung
zwischen krautartigen weißen Blättern (Fig. 232, 260, Abb. 190).
In der Kombination von architektonisch-geometrischen und vegetabilen Formen stehen vor allem die Ornamenttypen
E und G Werken des 14. Jahrhunderts sowohl am Mittelrhein und in Hessen als auch am Oberrhein und im Elsass

nahe. Hier sind zunächst die um 1330/35 zu datierenden Reste aus dem Chor der ehemaligen Stiftskirche - dem sog.
Dom - St. Bartholomäus in Frankfurt am Main und die nahezu gleichzeitige, um 1330/40 aus Frankfurt gelieferte
Fenstergruppe für das westliche Langhaus der ehemaligen Zisterzienser-Klosterkirche in Haina zu nennen215. Das in
Oppenheim zentrale Motiv großer Blattkreise findet sich in Frankfurt wie auch in Haina wieder, außerdem begegnen
hier wie dort ornamentalisierte Blattformen, die geschmeidig ihren Rahmen angepasst werden. Im Lang-hausfenster
NORD XIV in Haina gewinnt die Dreipassrahmung gegenüber dem Blattornament deutlich an Gewicht (Fig. 244),
eine Tendenz, die auch das Ornament Typus G in Oppenheim auszeichnet (Fig. 232, 260, Abb. 190). Letzteres erinnert
in seinem Aufbau erstaunlicherweise auch an die Prophetenscheiben des bereits erwähnten Chorfensters nord IV in
Königsfelden216, womit der Blick nochmals auf die am Oberrhein und im Elsass tätigen Werkstätten und ihre Bedeu-
tung für die Glasmalerei am Mittelrhein - besonders in Oberwesel (s. hierzu Stil, Datierung und Anhang S. 4O/ff.)
- gelenkt wird. So ist z.B. auffällig, dass der aus alternierend ganzen und halben Blattkreisen bestehende Rapport
im Fenster nord X (Ornament Typus E) die Komposition zweier - in Aquarellen von Felix Fries überlieferter -

214 Ein verwandtes, da ebenfalls aus Stabwerk konstruiertes Orna-
ment ist in einigen Scheiben aus der Mauritius-Rotunde des Konstan-
zer Münsters erhalten, die um 1320 zu datieren sind (Freiburg i. Br.,

Münster, Lhs. s XXI); Becksmann 1979, S. 93-102, 106, Fig. 64 (Re-
konstruktion), Abb. 116, 132.
215 Zu den Verglasungsresten aus dem Dom in Frankfurt/M., His-
 
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