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Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Frankfurt und im Rhein-Main-Gebiet: Hessen und Rheinhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,2: Berlin: Dt. Verl. für Kunstwiss., 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52864#0231
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2.2.6

GELNHAUSEN • MARIENKIRCHE


Fig. 157. Gelnhausen, Marienkirche. Wandgemälde mit Deesis im Chorgewölbe (um 1240/50).

Komposition, Ornament: Keines der Fenster zeigt die rhythmisierte, mehrschichtige Gliederung gleichzeitiger fran-
zösischer Medaillonfenster. Während im Achsenfenster Rund- und Vierpaßmedaillons wechseln, wobei letztere wie
im Erfurter Franziskuszyklus auf einem grünen, hier überdies mit Ornament verzierten Kreis aufliegen, sind vom
Passionsfenster nur zwei Rundmedaillons erhalten. Die Zwickelfelder zwischen den Medaillons zeigen im Gegensatz
zum Achsenfenster und seinen aus dem Jessestamm herauswachsenden, ornamental gedrehten Asten jeweils zwei aus
Flechtbändern gebildete Halbkreise, deren Ausformung wie das Mäandermuster in Ornamentfenster süd V in der
Marburger Elisabethkirche auf ältere Flechtbandfenster zurückgeht. Das Fenster der Voreltern bildet mit seinen
geschweiften, quadratischen Medaillons eine neue Form aus, die das ganze Fenster additiv ausfüllt und wie in der Ver-
glasung der Erfurter Barfüßerkirche und im Marburger Elisabethfenster auf einem durchlaufenden rot/blauen Karo-
grund liegt. Während der seitlich hochsteigende, mit roten Rauten besetzte blaue Rahmen in wenigen Resten gesichert
ist, ist vom Teppichgrund wie von der gelben Palmettenrahmung der Medaillons kein einziges originales Stück erhal-
ten. Wie in den durch Pausen dokumentierten Feldern dürfte das heutige Erscheinungsbild auf 1878 noch vorhande-
nen mittelalterlichen Resten beruhen.
Im Gegensatz zu den erwähnten Beispielen in Regensburg und Köln sowie dem Elisabethfenster in Marburg (Text-
abb. 6) wurde der traditionelle breite, das gesamte Fenster einfassende Palmettenrahmen durch ein mehrgliedriges
System von Perlbändern, rautenbelegten Stäben und Ornamentfriesen ersetzt. Mit der Ornamentalisierung einzelner
Gewandteile und der formalen Gestaltung der feingliedrigen Ranken in Rahmung und Grund werden andererseits
deutliche Reminiszensen an Schöpfungen des späten 12. Jahrhunderts spürbar.
 
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