KRONBERG ’ SCHLOSS FRIEDRICHSHOF
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Freiherren, Burggrafen, Markgrafen, Reichsvikare, Landgrafen,
Grafen, Ritter, Dörfer und Burgen13. Die ikonographisch einst-
weilen nicht genauer bestimmbaren Liebespaar- und Hochzeits-
szenen könnten auf Grund von Kostüm und ländlicher Staffage
mit dem Landadel verbunden werden und würden damit wohl
einen Hinweis auf den Stifter geben, oder sie stammen aus einem
Stoffkreis wie Boccaccios Decamerone, für dessen Illustration
Hans Schäufelein um 1535 eine Holzschnittserie schuf.
Farbigkeit: Schwarzlot und Silbergelb auf durchgängig weißem
Glas.
Stil, Datierung: Neben der wörtlich auf Burgkmairs Holzschnitt
zurückgehenden Auswahl der Wappen spricht auch die in der
Regierungszeit Karls V. ungewöhnliche Kombination der Wap-
pen Österreich/Burgund für eine Entstehung der Scheibe in
Augsburg. Stilistisch und maltechnisch ergeben sich keine enge-
ren Beziehungen zu den Werken Jörg Breus d.Ä., doch kommen
die im Umfeld Breus angesiedelten zusammengehörigen Rund-
scheiben mit Planetenbildern in Kronberg (Abb. 246h) und im
Frankfurter Kunstgewerbe-Museum (Abb. 118) dem Vierpaß in
der weichen Modellierung recht nahe; die Figuren wirken jedoch
klobiger und die Pinselzeichnung etwas spröder.
CVMA G 8903
6. WAPPENSCHEIBE WIDMANN Abb. 243
Süddeutschland/Schweiz, 1527.
Durchmesser 29 cm. Inv. Nr. G 3064. Herkunft unbekannt; der-
zeit eingesetzt in der Bibliothek.
Inschrift: Jörg Widmann 1527.
Erhaltung: Schwarzlot im Rankengrund und in der Bordüre
berieben; in ausgeschliffenen Partien der Helmzier außenseitige
Korrosion.
Ikonographie: Das nicht verifizierbare Wappen zeigt zwei blaue
Schrägbalken auf silbernem Schild und einen nicht adeligen
Stechhelm in der Helmzier.
Farbigkeit: Wappen, Helmdecke und Helmzier sind blau/weiß,
der Stechhelm in hellem Graublau gehalten. Roter Fiederranken-
grund und bernsteingelbe Umrahmung.
Stil, Datierung: Die holzschnitthafte Zeichnung und die an
Architekturverzierungen in Holzschnitten von Hans Burgkmair
erinnernde Dekoration der Bordüre lassen eine Entstehung in
Süddeutschland oder der Schweiz vermuten.
CVMA G 312/7 (MF)
7, 8. RUNDSCHEIBENPAAR MIT PLANETENBILDERN
VON SOL UND VENUS Abb. 246L
Augsburg, um 1520.
Durchmesser laut Sammlungsinventar: 19-20 cm; ohne spätere
Bordüren folglich rund 16 cm. Inv. Nr. 3060/1-2. Herkunft
unbekannt; derzeit eingesetzt in der Bibliothek.
Erhaltung: Bis auf die Sprungbleie und Sprünge in der Rund-
scheibe mit der Badeszene gut erhalten; Schwarzlot partiell
berieben. Rote bzw. rotviolette Umrahmung nicht original.
Ikonographie, Komposition: Die beiden Szenen bildeten zusam-
men mit einer Rundscheibe offenbar gleichen Durchmessers im
Museum für Kunsthandwerk in Frankfurt (Abb. 118) eine Plane-
tenkinderfolge: Alle Einzelmotive sind im Kontext dieser Bild-
tradition vertreten, wobei die Scheibe mit der Badeszene als
Planetenbild der Venus, die Szene mit den Schwert- und Ring-
kämpfern, Gauklern und Steinstoßern als dasjenige des Sol zu
Fig. 202. Planetenbild des Sol. Zeichnung aus dem Umkreis
Jörg Breus d.Ä., um 1520. Erlangen, Universitätsbibliothek.
interpretieren sind. In Erlangen liegt eine aquarellierte Zeich-
nung mit dem Planetenbild des Sol aus dem Umfeld Jörg Breus
d. Ä. (Fig. 202), die auf dieselbe Vorlage wie unsere Rundscheibe
zurückgeht14.
Farbigkeit: Schwarzlot und Silbergelb sowie bräunliches Lot in
Inkarnaten, Gebäuden und Wiesenflächen.
Stil, Datierung: Der Zusammenhang mit der Frankfurter Scheibe
läßt sich nicht nur motivisch und kompositorisch, sondern auch
maltechnisch und stilistisch untermauern. Alle drei Scheiben
stammen folglich aus derselben Werkstatt, die im augsburgischen
Umkreis Jörg Breus d. Ä. tätig war.
CVMA G 312/8/14 (MF)
9. WAPPENSCHEIBE FERDINANDS I. Abb. 249
Um 1530/40.
Durchmesser 33 cm. Inv. Nr. G 3017. Herkunft unbekannt; der-
zeit eingesetzt in einem Fenster des sog. Marmorgangs.
Inschrift: Lückenhaft und zusammengeschoben in Kapitalis:
Dux Burgun(diae)/[...]vi Dalm(atiae) Croa(tiae)/[.. .]g Hung-
(ariae) Boh(emiae) & Sveviae Comes/\...\ Aust(riae) Locu(m)
tene(n)s gener\...].
13 Zur Darstellung der Deutschen Reichsstände und dem Quaternionen-
System vgl. grundlegend Ludwig Volkmann, Der Überlinger Rathaus-
saal des Jacob Ruß und die Darstellung der Deutschen Reichsstände,
Berlin 1934, S. 27-57, neuerdings auch Agnes Klodicki-Orlowski,
Studien zu Jacob Ruß, einem spätgotischen Bildschnitzer aus Ravens-
burg, Phil. Diss. Heidelberg 1990, S. 199-219. Zu Burgkmairs Quater-
nionenadler vgl. Kat. Ausst. Hans Burgkmair. Das graphische Werk,
Stuttgart 1973, Nr. 42, Abb. 52.
14 Vgl. Elfried Bock, Die Zeichnungen in der Universitätsbibliothek
Erlangen, Text- und Tafelband, Frankfurt/Main 1929, S. 188, Nr. 772.
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Freiherren, Burggrafen, Markgrafen, Reichsvikare, Landgrafen,
Grafen, Ritter, Dörfer und Burgen13. Die ikonographisch einst-
weilen nicht genauer bestimmbaren Liebespaar- und Hochzeits-
szenen könnten auf Grund von Kostüm und ländlicher Staffage
mit dem Landadel verbunden werden und würden damit wohl
einen Hinweis auf den Stifter geben, oder sie stammen aus einem
Stoffkreis wie Boccaccios Decamerone, für dessen Illustration
Hans Schäufelein um 1535 eine Holzschnittserie schuf.
Farbigkeit: Schwarzlot und Silbergelb auf durchgängig weißem
Glas.
Stil, Datierung: Neben der wörtlich auf Burgkmairs Holzschnitt
zurückgehenden Auswahl der Wappen spricht auch die in der
Regierungszeit Karls V. ungewöhnliche Kombination der Wap-
pen Österreich/Burgund für eine Entstehung der Scheibe in
Augsburg. Stilistisch und maltechnisch ergeben sich keine enge-
ren Beziehungen zu den Werken Jörg Breus d.Ä., doch kommen
die im Umfeld Breus angesiedelten zusammengehörigen Rund-
scheiben mit Planetenbildern in Kronberg (Abb. 246h) und im
Frankfurter Kunstgewerbe-Museum (Abb. 118) dem Vierpaß in
der weichen Modellierung recht nahe; die Figuren wirken jedoch
klobiger und die Pinselzeichnung etwas spröder.
CVMA G 8903
6. WAPPENSCHEIBE WIDMANN Abb. 243
Süddeutschland/Schweiz, 1527.
Durchmesser 29 cm. Inv. Nr. G 3064. Herkunft unbekannt; der-
zeit eingesetzt in der Bibliothek.
Inschrift: Jörg Widmann 1527.
Erhaltung: Schwarzlot im Rankengrund und in der Bordüre
berieben; in ausgeschliffenen Partien der Helmzier außenseitige
Korrosion.
Ikonographie: Das nicht verifizierbare Wappen zeigt zwei blaue
Schrägbalken auf silbernem Schild und einen nicht adeligen
Stechhelm in der Helmzier.
Farbigkeit: Wappen, Helmdecke und Helmzier sind blau/weiß,
der Stechhelm in hellem Graublau gehalten. Roter Fiederranken-
grund und bernsteingelbe Umrahmung.
Stil, Datierung: Die holzschnitthafte Zeichnung und die an
Architekturverzierungen in Holzschnitten von Hans Burgkmair
erinnernde Dekoration der Bordüre lassen eine Entstehung in
Süddeutschland oder der Schweiz vermuten.
CVMA G 312/7 (MF)
7, 8. RUNDSCHEIBENPAAR MIT PLANETENBILDERN
VON SOL UND VENUS Abb. 246L
Augsburg, um 1520.
Durchmesser laut Sammlungsinventar: 19-20 cm; ohne spätere
Bordüren folglich rund 16 cm. Inv. Nr. 3060/1-2. Herkunft
unbekannt; derzeit eingesetzt in der Bibliothek.
Erhaltung: Bis auf die Sprungbleie und Sprünge in der Rund-
scheibe mit der Badeszene gut erhalten; Schwarzlot partiell
berieben. Rote bzw. rotviolette Umrahmung nicht original.
Ikonographie, Komposition: Die beiden Szenen bildeten zusam-
men mit einer Rundscheibe offenbar gleichen Durchmessers im
Museum für Kunsthandwerk in Frankfurt (Abb. 118) eine Plane-
tenkinderfolge: Alle Einzelmotive sind im Kontext dieser Bild-
tradition vertreten, wobei die Scheibe mit der Badeszene als
Planetenbild der Venus, die Szene mit den Schwert- und Ring-
kämpfern, Gauklern und Steinstoßern als dasjenige des Sol zu
Fig. 202. Planetenbild des Sol. Zeichnung aus dem Umkreis
Jörg Breus d.Ä., um 1520. Erlangen, Universitätsbibliothek.
interpretieren sind. In Erlangen liegt eine aquarellierte Zeich-
nung mit dem Planetenbild des Sol aus dem Umfeld Jörg Breus
d. Ä. (Fig. 202), die auf dieselbe Vorlage wie unsere Rundscheibe
zurückgeht14.
Farbigkeit: Schwarzlot und Silbergelb sowie bräunliches Lot in
Inkarnaten, Gebäuden und Wiesenflächen.
Stil, Datierung: Der Zusammenhang mit der Frankfurter Scheibe
läßt sich nicht nur motivisch und kompositorisch, sondern auch
maltechnisch und stilistisch untermauern. Alle drei Scheiben
stammen folglich aus derselben Werkstatt, die im augsburgischen
Umkreis Jörg Breus d. Ä. tätig war.
CVMA G 312/8/14 (MF)
9. WAPPENSCHEIBE FERDINANDS I. Abb. 249
Um 1530/40.
Durchmesser 33 cm. Inv. Nr. G 3017. Herkunft unbekannt; der-
zeit eingesetzt in einem Fenster des sog. Marmorgangs.
Inschrift: Lückenhaft und zusammengeschoben in Kapitalis:
Dux Burgun(diae)/[...]vi Dalm(atiae) Croa(tiae)/[.. .]g Hung-
(ariae) Boh(emiae) & Sveviae Comes/\...\ Aust(riae) Locu(m)
tene(n)s gener\...].
13 Zur Darstellung der Deutschen Reichsstände und dem Quaternionen-
System vgl. grundlegend Ludwig Volkmann, Der Überlinger Rathaus-
saal des Jacob Ruß und die Darstellung der Deutschen Reichsstände,
Berlin 1934, S. 27-57, neuerdings auch Agnes Klodicki-Orlowski,
Studien zu Jacob Ruß, einem spätgotischen Bildschnitzer aus Ravens-
burg, Phil. Diss. Heidelberg 1990, S. 199-219. Zu Burgkmairs Quater-
nionenadler vgl. Kat. Ausst. Hans Burgkmair. Das graphische Werk,
Stuttgart 1973, Nr. 42, Abb. 52.
14 Vgl. Elfried Bock, Die Zeichnungen in der Universitätsbibliothek
Erlangen, Text- und Tafelband, Frankfurt/Main 1929, S. 188, Nr. 772.