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Decembrio, Pier Candido
Leben des Filippo Maria Visconti und Taten des Franzesco Sforza — Das Zeitalter der Renaissance, 1. Serie ; 7: Jena: Diederichs, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.55577#0015
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zügig, freigebig, gastfreundlich, groß im Rat, sparsam in der
Rede, aber wenn er sprach, im Ausdruck sehr gewandt.
Die hinterbliebenen Visconti machten sich Kaiser Ludwigs Geld-
not zunutze. Azzone, Galeazzos Sohn, bot 60 ooo Florenen und
wurde dafür Reichsvikar. Giovanni wurde Erzbischof von Mai-
land, Kardinal und päpstlicher Legat für die Lombardei. Das
Geld erhielt jedoch der Kaiser nie, trotzdem Marco Visconti da-
für als Geisel behalten worden. Der letztere kam frei, als Lud-
wig wieder aus Italien abzog, fand aber bald ein nicht aufge-
helltes gewaltsames Ende. Corio erzählt, daß Marco nach seiner
Rückkehr mit seinen Verwandten eine scharfe Auseinanderset-
zung gehabt, u. a. ihnen vorgeworfen habe, daß er wegen ihres
Geizes so lange seiner Freiheit beraubt gewesen sei. Die Brüder
und der Neffe hingegen warfen Marco vor, daß er sich öffentlich
die Gattin eines Vetters, des Ottorino Visconti, auf seiner Burg
Rosate als Maitresse halte. Kurz darauf sei es dann in Rosate zu
einer Tragödie gekommen. Bice, so hieß Marcos Geliebte, wurde
der Untreue überwiesen und Marco ließ sie kurzerhand im Burg-
graben von Rosate ertränken. Aber alsbald habe ihn heftige
Reue gepackt und der Seelenschmerz um seine Liebe habe sich
bis zur Raserei gesteigert. In diesem Zustand sei er von Azzones
Leuten erdrosselt und aus dem Fenster gestürzt worden. Corio
führt auch die andere Überlieferung an, derzufolge er sich selbst
aus dem Fenster gestürzt habe.
Azzone wurde infolge der Versöhnung zwischen Johann XXII.
und dem Haus Visconti aus einem kaiserlichen zunächst ein
päpstlicher Vikar, dazu von der Stadt erwählter Signore von
Mailand; Giovanni wurde als Bischof von Novara anerkannt.
Azzone breitete im Verein mit seinen beiden Oheimen Giovanni
und Luchino die Herrschaft des Hauses Visconti in der Lombar-
dei weiter aus, gewann Stadt um Stadt, aber ein frühzeitiger
Tod brachte den erst Siebenunddreißigjährigen um die Frucht
seiner Erfolge (1339). Auch ihm stellt Corio ein gutes Zeugnis
aus, nennt ihn wie seinen Vater menschenfreundlich, gefällig,
„über die Maßen gebefreudig“, klug und einen Förderer der
Macht Mailands. Giovanni und Luchino, die Oheime des Ver-
storbenen, folgten ihm in der Signorie. Luchino, der ein strenges
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