Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bömer, Aloys [Editor]; Degering, Hermann [Honoree]
Mittelalterliche Handschriften: palaeographische, kunsthistorische, literarische und bibliotheksgeschichtliche Untersuchungen ; Festgabe zum 60. Geburtstage von Hermann Degering ; mit 1 Farbentaf. und 16 Taf. in Lichtdr. — Leipzig, 1926

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.44802#0230
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
204

JULIUS SCHUSTER

(Blatt 204-228) bilden Verordnungen von Arzneimitteln. Und hier steht nun:
Ce sont les receptes des omguemens et experimens lesquels fuient apris et enseignes
au roy Philippe Le Bel et a monseigneur de Valoys (Bl. 209rvergl. Schriftprobe).
Eine gleichlautende Eintragung liest man auch im ersten Teil der Handschrift
(auf Blatt 48v).

5 trrcptce &5onigucmai6/2cqx
Icüpnch fuiviicapn<£ cufaqiicj
autr>rpbUi)p:lcMJ aiuotif üfelow Cäudt


Damit ist die Einheit des Plans dokumentarisch belegt. Der Autor ist die Schule
von Salerno, so wie sie sich auch in dem Gedicht Flos medicinae einführt: Ang-
lorum regi scripsit scola tota Salerni. Johannes de Mediolano ist nur Redakteur
(Compilator), aber hinter seinem Kompilat steht die ganze Schule. Denn die Schluß-
schrift besagt ausdrücklich: compilacioni cuius [Johannes de Mediolano] con-
cordaverunt omnes magistri illius studii. Die Absicht dieser salernitanischen
Kompilation ist nicht minder klar. Zeigt schon die meisterliche Ausführung des
Bildwerks an, daß der Kodex als Geschenk für eine fürstliche Person gedacht
ist, so läßt er auch über diese Persönlichkeit selbst keinen Zweifel: Philippe IV. Le
Bel (1268-1314) und sein Neffe Philippe VI. von Valois, genannt le Hardie (1293
bis 1350), waren die hohen Schüler, denen Salerno eine Aufmerksamkeit erzeigen
wollte. Mit Philippe VI. bestieg Valois 1328 den französischen Thron. In dem
Manuskript ist aber Philippe noch nicht König genannt, sondern monseigneur. Es
ist daher vor 1328 zu datieren, zirka 1315.
Da in dem Werk die Heilkräfte der Pflanzen eine Hauptrolle spielen, wird man
sich nicht wundern, wenn es am Schlüsse eine bildliche Darstellung aller Arznei-
drogen gibt, und zwar die beste, über die Salerno um 1315 verfügte.
II.
Unter den Meistern, die der Codex Hamilton 407 namhaft macht, begegnet uns
auch Platearius (z. B. Blatt 100v). Platearius (de Platea) lebte im 12. Jahrhundert
(gest. 1161). Sein Werk De simplici medicina bedeutet in der Botanik, die ja
damals ausschließlich medizinische Botanik war, einen gewichtigen Markstein.
Ist doch dieses Buch der erste Typ des abendländischen alphabetisch geordneten
Arzneibuchs (Pharmakopoe), dessen Grundplan selbst in den modernsten offiziellen
Pharmakopoen sich erhalten und bewährt hat. Die Zeichen der Echtheit, der
Unterscheidung verschiedener Sorten des gleichen Mittels und die Nachricht über
die Herkunft der Drogen machen das Buch des Platearius zu einer Hauptquelle
bei historischen botanischen und pharmakognostischen Nachforschungen. Daß es
in dieser Richtung bisher die gebührende Wertung noch nicht erfahren hat, ist
 
Annotationen