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Dehio, Georg
Geschichte des Erzbistums Hamburg-Bremen: bis zum Ausgang der Mission (Band 1) — Berlin, 1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.43359#0068
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50

Zweites Kapitel.

Göttrikssöhne, unter denen von nun ab Horich als der mächtigste her-
vortritt, wollten zwar die Franken auch nicht zu sehr reizen: durch meh-
rere Gesandtschaften ließen sie dem Kaiser ihre gute Gesinnung beteuern
und sprachen sogar davon, in Person nach Aachen kommen zu wollen,
um sich, wie die Meinung gewesen zu sein scheint, der Tause zu be-
quemen; dazu kam es nun freilich nicht. Immerhin aber gaben die
häufiger werdenden Besuche der Dünen am kaiserlichen Hof Gelegenheit,
den einen und den andern dem Christentum zu gewinnen. Der anekdo-
tenreiche Mönch von St. Gallen erzählt uns als Beispiel eine Geschichte
welche wol kaum buchstäblich wahr ist, aber das Wesen dieser Art Bekeh-
rungen höchst lebendig zur Anschauung bringt und deshalb hier seine
Stelle finden mag. — Die vornehmen Hofleute pflegten nämlich, wenn
einmal normannische Gäste zum Glaubenswechsel überredet waren, bei
ihnen Patenstelle einzunehmen, sie mit den üblichen Weißen Taufkleidern
und wol auch mit köstlichen Gewändern nach fränkischem Schnitt und
Waffen und Schmucksachen zu beschenken. Das behagte den begehrlichen
Normannen gar trefflich und sie begannen von Jahr zu Jahr in steigen-
der Zahl sich zu Ostern, dem allgemeinen großen Tauftage, beim Kaifer
einzufinden. Einmal erschienen ihrer nun gar an die fünfzig. In der
Verlegenheit, auf dem Fleck die kostbaren Tauflinnen in solcher Menge
aufzutreiben, nahm man, was sich an gewöhnlichen Hemden fand, trennte
sie auseinander und „nähte sie wieder zusammen wie Hecken und be-
schnitt sie wie Weinstöcke." Da war aber ein alter Normannenrecke, dem
dieses bündige Verfahren übel behagte: er musterte sein Flickhemd lange
mit mißvergnügten Blicken und rief endlich in Hellem Zorn dem Kaiser
in's Gesicht: Schon zwanzig mal habe ich mich hier baden lassen und
Lin stets mit einem sehr trefflichen weißen Gewände bekleidet worden;
aber ein Sack, wie der da, paßt nicht für Ritter, sondern für Sauhirten.
Wenn ich mich nicht schämte, nackt davon zu gehen, so dein Hemd sammt
deinen! Christus würde ich dir gerne lassen!
Es versteht sich, daß unter solchen Voraussetzungen Ansgar's Mis-
sionswerk in Süd-Jütland, obgleich man dort demselben nicht eigentlich
feindlich entgegenzutreten wagte, doch kein rechtes Gedeihen fand. Nun
mußte auch noch Antbert erkranken. Man brachte ihn nach Korvei, wo
er schon gegen Ostern, es scheint des Jahres 830 2, ^schied. Ansgar
blieb allein zurück, ohne Genossen in seiner Arbeit, ohne Schutz, wenn
sich einmal das wachsende Uebelwollen der Dänen in blutiger Tat gegen
ihn kehren sollte.
 
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