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Dehio, Georg
Geschichte des Erzbistums Hamburg-Bremen: bis zum Ausgang der Mission (Band 1) — Berlin, 1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.43359#0215
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II. Adalbert's Missionspolitik.

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eilte: Adalbert's Entwürfe schlugen noch ein kühneres Tempo ein. Selbst
die letzten Grenzen des Germanentums überfliegend wollte er die Vor-
posten Hamburgs bis in die Reihen der großen finnischen Völkerfamilie
hinausschieben, in Fernen, die nie der Fuß eines Christen gestreift,
von denen nur unbestimmte märchenhafte Kunde bis in die Elbstadt ver-
weht war. Und soweit hat er's in der Tat gebracht, daß die ersten Fäden
einer Verbindung angeknüpft wurden; Fäden freilich, die durch ein un-
günstiges Geschick bald zerrissen, erst mehr als ein Jahrhundert später
Wiederaufgenommen worden sind. — Die zwei Bistümer, die Adalbert
für die finnifche Mifsion einrichtete, entsprachen den beiden ethnographischen
Hauptabteilungen. Das Urvolk, welches einst das mitternächtliche Eu-
ropa vom Ural bis zur Westsee eingenommen hatte, war, vor dem Andrange
einerseits der Germanen andererseits der eigentlichen Finnen zurückweichend,
damals bereits auf den nördlichen Teil und den gebirgigen Kern der
skandinavischen Halbinsel zusammengeschoben. Sie wurden mit mancherlei
Namen bezeichnet: von den Slawen als Tschuden, von den Finnen als Hiidet,
von den Nordgermanen als Jotuner; in Hamburg kannte man sie als
Skritefinnen, von den Schrittschuhen, mit denen sie sich über die winter-
lichen Schneefelder bewegten*. Ein keineswegs auf ganz niederer Kultur-
stufe stehendes Volk, im Besitze der Eisenbereitung und d.o Ackerbaues, um
ihres kostbaren Pelzwerkes willen, des Ertrages ihrer Jagden, von den
Handelsleuten gesucht, ob ihrer gewaltigen Zauberkünste in hohem Ruf?.
König Olaf der Heilige hatte von Norwegen her die ersten Bekehrungs-
versuche gemacht, auch schon eine Kirche errichtet^. Adalbert suchte nun
von der andern Seite, vom schwedischen Halfingland, aus ihnen beizu-
kommen: als Bischos sandte er den Stenphi auch Simon genannt hier-
her, und dessen Predigt wird als fruchtbar gepriesen*. —Die zweite hier
in Frage kommende Gruppe bilden die eigentlichen Finnen, bestimmter
deren südlicher Flügel, die Kuren Liven und Esten, die etwa vom Jahre
700 ab in die heute nach ihnen heißenden ostbaltischen Uferländer einge-
rückt waren; streitbare, seetüchtige, doch auch zu den Künsten des Friedens
gut begabte Völkerschaften^. Man konnte sie der Hereinziehung in die
christliche Gesellschaft wol für wert achten. Für sie vornemlich bestimmte
Adalbert das zweite Missionsbistum Auch König Swein zeigte leb-
hafte Teilname für das Project. Den in seinem Auftrage angestellten
Bemühungen eines dänischen Kaufmanns gelang es an der Küste Kurlands
eine Kirche zu bauen. Frohlockend im Herrn, berichtet Meister Adam, hat
mir der König selbst dies Freudenlied gesungen?. Da man aber doch
nicht wagen durfte, den Bischof schutzlos so weit hinauszuverschlagen, so
wurde ihm ein Ort in Schweden angewiesen, der Birka genannt wird und
 
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