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Habel, Heinrich [Editor]; Himen, Helga [Editor]; Petzet, Michael [Editor]
Denkmäler in Bayern (Band 1.1): Landeshauptstadt München: Ensembles, Baudenkmäler, archäologische Geländedenkmäler — München: R. Oldenbourg Verlag, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.63268#0012
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Geleitworte

Der Denkmalschutz ist ungeachtet der Verantwortung des
Staates ein existenzielles Anliegen der Städte und Gemeinden.
Mit existenziell meine ich nicht das Überleben als Gemeinwe-
sen, sondern die Erhaltung der ureigenen, oft in vielen Jahr-
hunderten geprägten Stadtgestalt. Sie drückt sich, wenn auch
am augenfälligsten, nicht nur in Stadtmauern, Wehrtümen
und Marktplätzen mit historischen Rathäusern aus, sondern
spiegelt sich in zahlreichen Einzelgebäuden und Bürgerhäu-
sern wider, die Zeugnis vom Leben und Wirtschaften unserer
Vorfahren geben. Ganze Straßenzüge und Stadtviertel können
so - als Ensemble - schützenswert sein und sind bereits unter
Schutz gestellt worden.
Ich begrüße es deshalb, daß das Bayerische Landesamt für
Denkmalpflege nach jahrelanger, mühsamer Kleinarbeit nun
eine Liste schützenswerter Denkmäler für ganz Bayern vorle-
gen kann. Dabei will ich nicht verhehlen, daß es in der Frage
der Aufnahme in die Denkmalliste zunächst nicht selten zu
harten Diskussionen mit den Eigentümern, aber auch mit den
Stadt- und Gemeinderäten gekommen ist. Anlaß dazu gaben
gerade in den ersten Jahren nach Erlaß des Denkmalschutzge-
setzes auch die gelegentlich sehr weitgespannten Forderungen
der professionellen Denkmalschützer. Diese Phase allzu extre-
mer Positionen ist - so meine ich - jetzt überwunden. Man hat
auf beiden Seiten dazugelernt und versteht sich als Partner auf
der Suche nach dem besten Weg zur sinnvollen Erhaltung alter
Bausubstanz. Und gerade bei der Sanierung alter Stadtkerne
haben in letzter Zeit viele Städte gezeigt, daß und wie man Al-
tes erhalten und trotzdem mit sehr modernem Leben füllen
kann.
Das erfordert natürlich Kompromisse, die meines Erachtens
aber, wie die Beispiele zeigen, dem Denkmalschutz nicht ab-
träglich sein müssen. Wie hoch dabei der Tribut an sinnvoller
Nutzung alter Baudenkmäler jeweils sein kann, damit müssen
wir uns in jedem Einzelfall eingehend auseinandersetzen. Ich
begrüße es daher sehr, daß die Aufnahme in die Denkmalliste
bei uns in Bayern nur „nachrichtlich“ ist und die Diskussion
über das „Wie“ der Erhaltung nicht vorweg nimmt.
Zum Schluß noch ein Wort zur Finanzierung des Denkmal-
schutzes: Es ist kein Geheimnis, daß die Erhaltung unserer
Altstädte, aber auch zahlreicher einzelner Baudenkmäler im-
mense Summen kostet. Die nötigen Mittel können nur nach
und nach und auch nur mit größten gemeinsamen Anstrengun-
gen aller Beteiligten - Staat, Kommunen und Eigentümer - be-
reitgestellt werden. Sie werden gleichwohl immer zu gering
sein. In diesem Zusammenhang kommt dem von Staat und
Kommunen gemeinsam finanzierten Entschädigungsfonds er-
hebliche Bedeutung zu. Bei der Verteilung dieser Mittel von
jetzt jährlich immerhin 30 Mio Mark wünschten sich die
Städte jedoch noch mehr Mitspracherecht als bisher. Dabei
scheint es mir wichtig, in dem Bemühen um die Rettung be-
drohter Denkmäler immer auch die Frage von Nutzung und
Kosten abzuwägen.
Die gute Zusammenarbeit zwischen den Unteren Denkmal-
schutzbehörden, zu denen auch die kreisfreien Städte gehören,
und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als zen-
trale staatliche Fachbehörde hat sich auch bei der Aufstellung
der Denkmallisten bewährt. Die hier vorgelegten Listen der
Baudenkmäler und archäologischen Geländedenkmäler um-
reißen den reichen Schatz bayerischer Kulturgüter. Sie werden
eine unentbehrliche Grundlage für die gemeinsamen Bemü-
hungen um die Bewahrung unseres historischen Erbes sein. In
diesem Sinn wünsche ich der Veröffentlichung eine breite Re-
sonanz bei Fachleuten, Kommunalpolitikern und allen inter-
essierten Bürgern.

Mit dem Erlaß des Denkmalschutzgesetzes im Jahre 1973
gab der Gesetzgeber dem Bayerischen Landesamt für Denk-
malpflege den Auftrag, die Baudenkmäler und die Boden-
denkmäler im Freistaat Bayern in eine Denkmalliste aufzuneh-
men. Die in zehnjähriger Arbeit erstellten Listen werden in
den Bänden der Reihe „Denkmäler in Bayern“ einer interes-
sierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die große Zahl der in die Listen aufgenommenen Bau- und
Bodendenkmäler, deren nüchterne Bezeichnung und knappe
Beschreibung läßt nur erahnen, welch unschätzbare Zeugnisse
vergangener Epochen unser bayerisches Land besitzt. Dieses
Erbe zu pflegen, ist ein besonderes Anliegen der Städte und
Gemeinden aus ihrer Verpflichtung gegenüber dem Geschaffe-
nen und der Verantwortung für die Zukunft.
Deshalb erbrachten und erbringen sie erhebliche finanzielle
Leistungen für Pflege und Erhaltung ihrer Kulturgüter. Eng
damit verbunden sind die kommunalen Leistungen für Stadt-
und Dorferneuerungen. Vielfach schaffen diese erst das rechte
Umfeld für Natur- und Baudenkmäler und machen deutlich,
warum diese eines besonderen Schutzes bedürfen.
Mit Zufriedenheit und Genugtuung kann man heute feststel-
len, daß die Bürger großes Verständnis für die Zeugen der Ge-
schichte, der Kultur und der Kunst unseres Landes besitzen.
Dieses Verständnis, das viel mit der Freude des Menschen am
Schönen und kunstvoll Geformten zu tun hat, und mit seinem
Interesse für das historisch Überkommene, ist nicht zu ver-
wechseln mit kurzlebiger und oberflächlicher Aufmerksamkeit
gegenüber dem Geschaffenen, weil jetzt „Altes“ gerade in
Mode ist.
Natürlich sind auch den Gemeinden trotz des erfreulich ge-
wachsenen Bürgerverständnisses so manche denkmalpflegeri-
sche Sorgen geblieben. Nur zu oft stellt sich die Frage, wie ein
Baudenkmal, ein Gehöft, ein historisches Gebäude, ein Haus
mit kunstvoller Fassade heute noch genutzt werden kann.
Auch einem kommunalpolitischen Einfallsreichtum sind hier
Grenzen gesetzt, und so manches Denkmal wird zu einem Mu-
seumsstück, obwohl es sinnvollerweise mit Leben erfüllt sein
müßte. Und so manche Entscheidungen sind nicht konfliktlos
zu treffen.
Aber Konflikte hat es auch gegeben, als nach Erlaß des Denk-
malschutzgesetzes - oftmals überstürzt - die Denkmallisten
aufgestellt werden sollten. Doch auch damit ist man fertigge-
worden. Man hat sich mit der Aufstellung etwas Zeit gelassen,
Notwendigkeiten und erforderlichen Zweckmäßigkeiten mehr
Aufmerksamkeit gewidmet und vor allem eine engere Zusam-
menarbeit mit den Gemeinden gesucht. Beruhigt kann man
deshalb sagen: Das gemeinsame denkmalpflegerische Anlie-
gen hat dadurch an Überzeugungskraft gewonnen.
Abschließend behaupte ich: Denkmalschutz und Denkmal-
pflege brauchen immer und immer wieder eine breite Basis des
bürgerschaftlichen Verständnisses und Einverständnisses. Sie
brauchen eine wissende Identifizierung des Bürgers mit der
Geschichte seiner Heimat und dem geschichtlich Gewordenen.
Solches zu fördern und zu mehren wird immer Pflicht und
Aufgabe guter und verantwortlicher Kommunalpolitik sein.
Dr. Hans Weiß
Präsident des Bayerischen Senats
1. Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags

Senator Josef Deimer
Oberbürgermeister der Stadt Landshut
Vorsitzender des Bayerischen Städtetags
 
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