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Preußen / Finanzministerium [Contr.]; Preußen / Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung [Contr.]; Deutscher Bund Heimatschutz [Contr.]
Denkmalpflege und Heimatschutz — 25.1923

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https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/denkmalpflege_heimatschutz1923/0066
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wenig sind die Funde etwa als Grabgefäße anzusehen, wie man früher annahm.
Es handelt sich vielmehr um Geschenke, um Opfergaben, die man den Haus-
geistern darbrachte, um diese den Bewohnern des Hauses günstig zu stimmen.
Der Glaube an die Hausgeister war im Mittelalter allgemein verbreitet, wir
kennen solche Hausgeister als Kobolde und Wichtelmännchen aus unseren Sagen
und Märchen. In einer alten Urkunde*), die wahrscheinlich zwischen 1235 und
1250 geschrieben ist und die Hahn durch einen glücklichen Zufall bekannt wurde,
finden seine Erwägungen ihre Bestätigung. Die Urkunde schildert einen deutschen
Aberglauben aus dem 13. Jahrhundert. Das Volk glaubte an Hausgeister, die
es Stetewaldiu d. H. Stätte-Walter nannte, und für die es in neuen oder neu
zu beziehenden Häusern Gefäße eingrub, mit verschiedenen Dingen, hauptsächlich
Speise und Trank gefüllt. Die genannte Schrift des Paters Rudolfus ist darum
fo wichtig, daß sie uns die Hausgeister — mögen sie nun als Stetewalt oder
Kobwalt oder sonstwie bezeichnet sein — in einem älteren Zeitabschnitt ihrer
Entwicklung schildert, wo man ihnen auchunterder Erde Gaben darbringt.
Daß die Hausgeister ursprünglich Erdgeister waren, ist verständlich, wenn man
sich die Wohnungen unserer Vorfahren vergegenwärtigt. Ausgrabungen zeigen,
daß man sich, indem man Hütten errichtete, zugleich in die Erde eingrub, so daß
die Wohnräume mit dem Herd halb unter der Erde lagen (1920 d. Bl., S. 45).
Auch bei den späteren germanischen Blockhäusern fand teilweise noch ein Ein-
dringen in die Erde statt. Außerdem gab es unterirdische Räume, die teils
als Winterwohnung, teils als Vorratraum dienten. Gewiß dachte man sich die
Anlage dieser Wohngruben oder Vorraträume als ein unbefugtes Eindringen in
das Reich der Erdgeister. Selbst wir Kinder des 20. Jahrhunderts Haben bei
Ausgrabungen ähnliche Empfindungen. Kein Wunder, daß unsere Voreltern die
Erdgeister zu versöhnen und ihren dauernden Schutz zu gewinnen suchten. Daß
das Verhältnis zu den Erdgeistern, die sich durch das Eindringen in ihr Reich
unter Umständen behindert sehen mochten, ursprünglich kein freundliches war,
spiegelt sich in manchen Sagen wieder, z. B. in der aus Westfalen stammenden,
wodurch sich die Unterirdischen dadurch belästigt fühlten daß man gerade über
ihrer Wohnung einen Pferdestall errichtet hatte. Auf ihre Bitte verlegte der
Besitzer den Stall, worauf ihm der Dank der Zwerge dadurch zuteil wurde, daß
von Stund an die Pferde besonders gut gediehen Man sah die früher feind-
lichen Erdgeister später als die Beschützer des ganzen Hauses und Hauswesens
an, und so wurden sie, die uns als unterirdisch hausende Zwerge daneben noch
Heute erhalten sind, zu Hausgeistern (Stättewaltern oder Kobolden). Die Mittei-
lung des Fraters Rudolfus über die den Hausgeistern unter der Erde nieder-
gelegten Spenden ist zwar für uns neu, stimmt aber vortrefflich zu der ursprüng-

*) Schrift des Fraters Rudolfus aus dem Zistersienser Kloster in Rauden in
Schles., jetzt in der Univ.-Bibliothek in Breslau, veröffentlicht durch Dr. Klapper zu Breslau.

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