-21-
Günther K. Lehmann
Design und Lebensweise. Versuch einer Differenzierung von
Leistung und Anspruch
Jedes gestaltete Produkt legt Zeugnis ab vom Zustand einer
Gesellschaft, es ist ein Indikator ihrer Produktions- und
Lebensweise. So muß das Verhältnis von Design und Lebens-
weise vor dem Hintergrund gegenwärtiger Krisen im realsoziali-
stischen Gesellschaftssystem und der Krise im eigenen Land
bedacht werden.
Ich befürworte deshalb einen breiten, interdisziplinären
Theorieansatz der Formgestaltung als einen inhärenten Moment
der Gestaltung von Lebenstätigkeit und Lebensweise. Eine kom-
plexe Sicht ist notwendig, weil wir uns auf die tiefgreifen-
den Wandlungen in der Welt, Umbrüche in den sozialistischen
Ländern und absehbar auch im eigenen Land einzustellen haben,
praktisch wie theoretisch.
Wir sehen, daß sich in einigen sozialistischen Ländern der
sukzessive Abbau einer zentralistischen Planwirtschaft ab-
zeichnet, der eine mehr oder weniger marktwirtschaftliche
Dynamik für Produktivitäts- und Qualitätszuwächse freisetzt -
mit allen Risiken. Ich glaube, daß es sich um einen gesetz-
mäßigen historischen Vorgang mit allgemeiner Tendenz handelt.
Daher sehe ich längerfristig keine Chance für einen - wie
auch immer - sozialistisch geschlossenen Wirtschafts- und
Handelsstaat DDR.
Anders gesagt, Designleistungen werden auf sozialistischen
Binnenmärkten dem ökonomischen Druck einer Marktwirtschaft
ausgesetzt sein, eine Marktwirtschaft, mag sie sozialistisch,
quasikapitalistisch, frei , reformiert oder sozial kontrolliert
sein. Dieser Druck wird so hart und unerbittlich werden wie
der Druck, den wir auf den kapitalistisch beherrschten Außen-
märkten verspüren, demgegenüber wir zunehmend mehr Schwäche
Günther K. Lehmann
Design und Lebensweise. Versuch einer Differenzierung von
Leistung und Anspruch
Jedes gestaltete Produkt legt Zeugnis ab vom Zustand einer
Gesellschaft, es ist ein Indikator ihrer Produktions- und
Lebensweise. So muß das Verhältnis von Design und Lebens-
weise vor dem Hintergrund gegenwärtiger Krisen im realsoziali-
stischen Gesellschaftssystem und der Krise im eigenen Land
bedacht werden.
Ich befürworte deshalb einen breiten, interdisziplinären
Theorieansatz der Formgestaltung als einen inhärenten Moment
der Gestaltung von Lebenstätigkeit und Lebensweise. Eine kom-
plexe Sicht ist notwendig, weil wir uns auf die tiefgreifen-
den Wandlungen in der Welt, Umbrüche in den sozialistischen
Ländern und absehbar auch im eigenen Land einzustellen haben,
praktisch wie theoretisch.
Wir sehen, daß sich in einigen sozialistischen Ländern der
sukzessive Abbau einer zentralistischen Planwirtschaft ab-
zeichnet, der eine mehr oder weniger marktwirtschaftliche
Dynamik für Produktivitäts- und Qualitätszuwächse freisetzt -
mit allen Risiken. Ich glaube, daß es sich um einen gesetz-
mäßigen historischen Vorgang mit allgemeiner Tendenz handelt.
Daher sehe ich längerfristig keine Chance für einen - wie
auch immer - sozialistisch geschlossenen Wirtschafts- und
Handelsstaat DDR.
Anders gesagt, Designleistungen werden auf sozialistischen
Binnenmärkten dem ökonomischen Druck einer Marktwirtschaft
ausgesetzt sein, eine Marktwirtschaft, mag sie sozialistisch,
quasikapitalistisch, frei , reformiert oder sozial kontrolliert
sein. Dieser Druck wird so hart und unerbittlich werden wie
der Druck, den wir auf den kapitalistisch beherrschten Außen-
märkten verspüren, demgegenüber wir zunehmend mehr Schwäche