Chändogya-Upanishad 8,7—12, Einleitung.
195
bild im Auge erklärt wird. Um so auffallender ist, dafs sonst unter dem
„Purusha (Person, Geist) im Auge“ immer die (individuelle) Seele ver-
standen wird; so Brih. 2,3,5. 5,5,2. Chänd. 1,7,5 und namentlich 4,15,1, wo
genau mit denselben Worten dieser purusho ’kshini für ätma, amritam,
abhciyam, brahma erklärt wird. Vielleicht enthält unsre Erzählung eine
Polemik gegen alle diese Stellen; vielleicht beriefen sich gar die Mate-
rialisten auf jene Stelle Chänd. 4,15,1 (the devil can eite Scrij.ture for
his purpose), und unser Autor sucht sie in seiner Weise zu widerlegen.
Jedenfalls kann kein Zweifel sein, dafs hier das Spiegelbild im Auge, im
Spiegel, im Wasser, als Abbild des materiellen Leibes verstanden
werden mufs.
2) Ebenso gewifs ist, dafs dasjenige, was Prajäpati in der zweiten
Antwort für ätma, amritam, abhayam, brahma erklärt, nämlich: ya1 esha
svapne mahiyamänaq carati, — die individuelle Seele ist, wie sie zwar,
von der Leiblichkeit und ihren Gebrechen befreit, „im Traume fröhlich
umherschweift“, aber doch immer noch als Subjekt die Welt der Objekte
als ein Anderes, Fremdes, zu Fürchtendes sich gegenüber hat. Sehr schön
wird dies durch den Traum stand illustriert, als den einzigen Zustand,
in welchem wir die von der Leiblichkeit, nicht aber von der Individualität
entbundene Seele empirisch beobachten können.
3) Im Gegensätze zu ihm ist der Tiefschlaf, auf welchen die dritte
Antwort Prajäpati’s hinweist, der einzige, empirisch bekannte, Zustand, in
welchem die Aufhebung der Unterschiede von Subjekt und Objekt und
somit die völlige Einswerdung der individuellen mit der höchsten Seele
eintritt. — Hiermit ist der höchste Standpunkt erreicht, und die noch
folgende vierte Antwort Prajäpati’s geht nicht mehr, wie die andern, über
die vorhergehenden Antworten hinaus, sondern will nur einen Einwand
Indra’s zurückweisen. Es ist derselbe Einwand, welchen Brih. 2,4,13
(= 4,5,14) Maitreyi gegen Yäjnavalkya’s Behauptung: „nach dem Tode ist
kein Bewufstsein “ erhebt. Während aber dort klar und schön gezeigt
wird, wie ein Bewufstsein nur möglich ist in der vielheitlichen Welt, und
wie nach deren Aufhebung zwar nicht die Erkenntnis, wohl aber der (un-
erkennbare) Erkenner fortbesteht, so erscheint in unsrer Stelle dieser selbe
Gedanke in viel trüberer Gestalt. Zunächst weist Prajäpati auf die Körper-
losigkeit der Seele hin (die doch der vorher abgefertigten individuellen
Seele gleichfalls zukommt) und zeigt an einem ziemlich unklaren Simile
von Wind, Wolke, Donner und Blitz, wie die völlige Befreiung vom In-
dividuellen, die im Tiefschlafe statt hat, nicht eine Vernichtung, sondern
eine Rückkehr zu der ureignen Natur als uttamapurushah, d. h. reines,
objektloses Subjekt des Erkennens, ist. — Die dann folgende, sinnliche
Schilderung, wie diese höchste Seele sich mit Weibern, Wagen, Freunden
amüsiert, mufs wohl späterer Zusatz sein, da sie von dem Einwande
Indra’s gegen die zweite Antwort zu sehr getroffen wird, auch der un-
mittelbar vorhergehenden Behauptung, den Körperlosen berühre Lust
und Schmerz nicht, zu sehr widerspricht, als dafs wir sie in der ur-
sprünglichen Conception einbegreifen könnten. Auch kann sich 8,12,4 ία
cakshushah purushah nicht wohl auf den vorhergehenden präna (das
13*
195
bild im Auge erklärt wird. Um so auffallender ist, dafs sonst unter dem
„Purusha (Person, Geist) im Auge“ immer die (individuelle) Seele ver-
standen wird; so Brih. 2,3,5. 5,5,2. Chänd. 1,7,5 und namentlich 4,15,1, wo
genau mit denselben Worten dieser purusho ’kshini für ätma, amritam,
abhciyam, brahma erklärt wird. Vielleicht enthält unsre Erzählung eine
Polemik gegen alle diese Stellen; vielleicht beriefen sich gar die Mate-
rialisten auf jene Stelle Chänd. 4,15,1 (the devil can eite Scrij.ture for
his purpose), und unser Autor sucht sie in seiner Weise zu widerlegen.
Jedenfalls kann kein Zweifel sein, dafs hier das Spiegelbild im Auge, im
Spiegel, im Wasser, als Abbild des materiellen Leibes verstanden
werden mufs.
2) Ebenso gewifs ist, dafs dasjenige, was Prajäpati in der zweiten
Antwort für ätma, amritam, abhayam, brahma erklärt, nämlich: ya1 esha
svapne mahiyamänaq carati, — die individuelle Seele ist, wie sie zwar,
von der Leiblichkeit und ihren Gebrechen befreit, „im Traume fröhlich
umherschweift“, aber doch immer noch als Subjekt die Welt der Objekte
als ein Anderes, Fremdes, zu Fürchtendes sich gegenüber hat. Sehr schön
wird dies durch den Traum stand illustriert, als den einzigen Zustand,
in welchem wir die von der Leiblichkeit, nicht aber von der Individualität
entbundene Seele empirisch beobachten können.
3) Im Gegensätze zu ihm ist der Tiefschlaf, auf welchen die dritte
Antwort Prajäpati’s hinweist, der einzige, empirisch bekannte, Zustand, in
welchem die Aufhebung der Unterschiede von Subjekt und Objekt und
somit die völlige Einswerdung der individuellen mit der höchsten Seele
eintritt. — Hiermit ist der höchste Standpunkt erreicht, und die noch
folgende vierte Antwort Prajäpati’s geht nicht mehr, wie die andern, über
die vorhergehenden Antworten hinaus, sondern will nur einen Einwand
Indra’s zurückweisen. Es ist derselbe Einwand, welchen Brih. 2,4,13
(= 4,5,14) Maitreyi gegen Yäjnavalkya’s Behauptung: „nach dem Tode ist
kein Bewufstsein “ erhebt. Während aber dort klar und schön gezeigt
wird, wie ein Bewufstsein nur möglich ist in der vielheitlichen Welt, und
wie nach deren Aufhebung zwar nicht die Erkenntnis, wohl aber der (un-
erkennbare) Erkenner fortbesteht, so erscheint in unsrer Stelle dieser selbe
Gedanke in viel trüberer Gestalt. Zunächst weist Prajäpati auf die Körper-
losigkeit der Seele hin (die doch der vorher abgefertigten individuellen
Seele gleichfalls zukommt) und zeigt an einem ziemlich unklaren Simile
von Wind, Wolke, Donner und Blitz, wie die völlige Befreiung vom In-
dividuellen, die im Tiefschlafe statt hat, nicht eine Vernichtung, sondern
eine Rückkehr zu der ureignen Natur als uttamapurushah, d. h. reines,
objektloses Subjekt des Erkennens, ist. — Die dann folgende, sinnliche
Schilderung, wie diese höchste Seele sich mit Weibern, Wagen, Freunden
amüsiert, mufs wohl späterer Zusatz sein, da sie von dem Einwande
Indra’s gegen die zweite Antwort zu sehr getroffen wird, auch der un-
mittelbar vorhergehenden Behauptung, den Körperlosen berühre Lust
und Schmerz nicht, zu sehr widerspricht, als dafs wir sie in der ur-
sprünglichen Conception einbegreifen könnten. Auch kann sich 8,12,4 ία
cakshushah purushah nicht wohl auf den vorhergehenden präna (das
13*