Prof. Dr. Adolf Kastner
Es kommt in jedem Vereinsvorstand hin und wieder vor, daß man bei der
Beratung an einem Punkt stecken bleibt und zunächst nicht weiter kommt.
Sehr dankbar ist man dann, wenn ein kluger Mann aufsteht und zeigt, wie
die Schwierigkeit behoben werden kann. Ein solcher guter Ratgeber und Zer-
schneidet von gordischen Knoten war im Bodenseegeschichtsverein unser lie-
ber Professor Kastner. Mit großem Eifer pflegte er an den Besprechungen
teilzunehmen, rasch das Wesentliche zu erfassen und nicht selten eine glück-
liche Lösung zu finden. Dazu wußte er um die Belange der Bodenseegegend
außerordentlich gut Bescheid, obgleich er nicht hier aufgewachsen war und
nicht den Dialekt der Seehasen sprach. Aber auch mit seiner Feder hat Herr
Kastner wesentliche Dienste geleistet. Als wir ihn 1955 baten, in unserm Ver-
ein mitzuarbeiten, wurde er zum Schriftführer und bald zum Vizepräsidenten
erkoren. Wir schätzten seine Bücherbesprechungen, die er in den Schriften des
Bodenseegeschichtsvereins erscheinen ließ, und denen man ansah, daß er die
besprochenen Werke gründlich und mit kritischen Augen gelesen hatte. Ein
anderes Mal freuten wir uns an seinen gediegenen Berichten über festliche
Anlässe, z. B. über die Jahresversammlung des Bodenseegeschichtsvereins in
Frauenfeld oder über die Hundertjahrfeier der Thurgauer Historiker in Ar-
bon. In bester Erinnerung ist uns sein ernst-heiterer Vortrag über die Grafen
von Montfort-Tettnang, den er an der Jahresversammlung in Tettnang zum
besten gab, oder auch seine muntere Tischrede an der Versammlung in Über-
lingen. Prof. Kastner war ein Mann mit reichem Wissen, mit wahrem Bienen-
fleiß und dabei im Umgang von großer Liebenswürdigkeit und Gefälligkeit.
Man hat mit Recht in Meersburg bei seiner Bestattung gesagt, daß man den
besten Kenner der alten Bischofsstadt und ihrer Geschichte verloren habe.
Das weiß auch der Verein für die Geschichte des Bodensees, und er dankt
jetzt noch dem Verstorbenen herzlich für all das, was er ihm aus der Fülle
seiner Kenntnisse und aus der Freundlichkeit seines Wesens geboten hat.
Der Lebenslauf unseres hingegangenen Freundes spiegelt alle die Heim-
suchungen wider, die sein großes Vaterland im letzten halben Jahrhundert
hat durchmachen müssen und die er am eigenen Leibe erlebt hat. Seine Ju-
gend fiel zwar noch in die unbeschwerte Zeit von Kaiser Wilhelm, die einem
heute wie ein goldenes Zeitalter vorkommt.
Adolf Kastner kam als Sohn eines Kaufmanns am 23. August 1889 in Pforz-
heim zur Welt. Er besuchte die Volksschule und das Humanistische Gymnasium
seiner Vaterstadt, und nach bestandener Matura studierte der junge Mann
Geschichte, Germanistik, Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in Heidelberg
und Freiburg. Den Abschluß mit dem philosophischen Doktorexamen konnte
er allerdings erst 1918 in Freiburg erreichen. Unterdessen war nämlich der
erste Weltkrieg ausgebrochen und der junge Philologe hatte sich in Karlsruhe
als Kriegsfreiwilliger gemeldet. Bei einer Aktion an der Somme wurde er
verschüttet, was einen längeren Spitalaufenthalt nötig machte. Er wirkte als
Gymnasiallehrer in Offenburg, Tauberbischofsheim und dann lange Zeit in
seiner Vaterstadt. Aus einer glücklichen Ehe gingen zwei Kinder hervor, von
Es kommt in jedem Vereinsvorstand hin und wieder vor, daß man bei der
Beratung an einem Punkt stecken bleibt und zunächst nicht weiter kommt.
Sehr dankbar ist man dann, wenn ein kluger Mann aufsteht und zeigt, wie
die Schwierigkeit behoben werden kann. Ein solcher guter Ratgeber und Zer-
schneidet von gordischen Knoten war im Bodenseegeschichtsverein unser lie-
ber Professor Kastner. Mit großem Eifer pflegte er an den Besprechungen
teilzunehmen, rasch das Wesentliche zu erfassen und nicht selten eine glück-
liche Lösung zu finden. Dazu wußte er um die Belange der Bodenseegegend
außerordentlich gut Bescheid, obgleich er nicht hier aufgewachsen war und
nicht den Dialekt der Seehasen sprach. Aber auch mit seiner Feder hat Herr
Kastner wesentliche Dienste geleistet. Als wir ihn 1955 baten, in unserm Ver-
ein mitzuarbeiten, wurde er zum Schriftführer und bald zum Vizepräsidenten
erkoren. Wir schätzten seine Bücherbesprechungen, die er in den Schriften des
Bodenseegeschichtsvereins erscheinen ließ, und denen man ansah, daß er die
besprochenen Werke gründlich und mit kritischen Augen gelesen hatte. Ein
anderes Mal freuten wir uns an seinen gediegenen Berichten über festliche
Anlässe, z. B. über die Jahresversammlung des Bodenseegeschichtsvereins in
Frauenfeld oder über die Hundertjahrfeier der Thurgauer Historiker in Ar-
bon. In bester Erinnerung ist uns sein ernst-heiterer Vortrag über die Grafen
von Montfort-Tettnang, den er an der Jahresversammlung in Tettnang zum
besten gab, oder auch seine muntere Tischrede an der Versammlung in Über-
lingen. Prof. Kastner war ein Mann mit reichem Wissen, mit wahrem Bienen-
fleiß und dabei im Umgang von großer Liebenswürdigkeit und Gefälligkeit.
Man hat mit Recht in Meersburg bei seiner Bestattung gesagt, daß man den
besten Kenner der alten Bischofsstadt und ihrer Geschichte verloren habe.
Das weiß auch der Verein für die Geschichte des Bodensees, und er dankt
jetzt noch dem Verstorbenen herzlich für all das, was er ihm aus der Fülle
seiner Kenntnisse und aus der Freundlichkeit seines Wesens geboten hat.
Der Lebenslauf unseres hingegangenen Freundes spiegelt alle die Heim-
suchungen wider, die sein großes Vaterland im letzten halben Jahrhundert
hat durchmachen müssen und die er am eigenen Leibe erlebt hat. Seine Ju-
gend fiel zwar noch in die unbeschwerte Zeit von Kaiser Wilhelm, die einem
heute wie ein goldenes Zeitalter vorkommt.
Adolf Kastner kam als Sohn eines Kaufmanns am 23. August 1889 in Pforz-
heim zur Welt. Er besuchte die Volksschule und das Humanistische Gymnasium
seiner Vaterstadt, und nach bestandener Matura studierte der junge Mann
Geschichte, Germanistik, Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in Heidelberg
und Freiburg. Den Abschluß mit dem philosophischen Doktorexamen konnte
er allerdings erst 1918 in Freiburg erreichen. Unterdessen war nämlich der
erste Weltkrieg ausgebrochen und der junge Philologe hatte sich in Karlsruhe
als Kriegsfreiwilliger gemeldet. Bei einer Aktion an der Somme wurde er
verschüttet, was einen längeren Spitalaufenthalt nötig machte. Er wirkte als
Gymnasiallehrer in Offenburg, Tauberbischofsheim und dann lange Zeit in
seiner Vaterstadt. Aus einer glücklichen Ehe gingen zwei Kinder hervor, von