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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

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Heft 13 (1. Aprilheft 1916)
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Dehler, W. J.: Deutsche Kolonisation in Bosnien
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0032

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arm an Mitteln wie reich an Kindern. Sie hofften hier ihren gutdeutschen
Landhunger für sich und das nLchste Geschlecht stillen zu können.

Bald aber stellten sich den jungen Ansiedlern ungeahnte Schwierigkeiten
in den Weg. Unter denen in den Niederungen wütete die Malaria
grauenhaft, so daß bald kein Haus mehr ohne ein Totes war; zudem ver-
nichteten Äberschwemmungen, was sie sich mühsam mit der Rodaxt er-
kämpft hatten. Die aus den Bergen litten unter Schlangen und Wölfen»
aber auch unter der Feindseligkeit der Linheimischen. Dazu kam die
Anstrengung, erst einmal das Wurzeldickicht zu lichten und den Wald zu
roden. So waren trotz mancher Hilfe der Behörden, billiger Darlehen,
Äberlassung von Saatgut und anderm doch in den ersten Iahren Hunger,
Krankheit und Not in jedem tzaus allzuhäufiger Gast. Eine besonders
gefLhrdete deutsche Kolonie wurde schlietzlich, dank der Vermittelung ihres
Pfarrers, aus dem Äberschwemmungs-- und Sumpfgebiet auf den schützen-
den Berg versetzt und erhielt den Namen Schutzberg.

Allgemein war festzustellen, datz die mittlerweile zahlreich entstandenen
„freien" Ansiedelungen ungleich besser gediehen als die von der Re-
gierung angelegten sogenannten „ärarischen". Die Regierung hatte in
der Wahl des einzelnen Kolonisationsgebiets wenig Glück gehabt. Meist
fehlte es völlig an den Zufahrten und Wegen — noch heute zwingen die
Wegeverhältnisse eine Reihe Kolonien zu einem Schattendasein, — dazu
kam, daß die Kolonien viel zu klein angelegt wurden, als daß sie sich selber
helfen könnten, — haben wir doch mehrere Kolonien mit nur 8 bis 20 Fa--
milien. Damit war auch gegeben, daß eine noch so bescheidene Notschule
über die KrLfte der kleinen Gemeinschaft gehen mußte, so daß einzelne
Kolonien schließlich fast völlig ins Analphabetentum hinabsanken. Desglei--
chen war die kirchliche Versorgung beinahe unmöglich bei solch verzettelter
Anlage. Ich selbst tras einen Pfarrsprengel fast so groß wie das Groß--
herzogtum Baden an und mußte in einem Iahre über 20 000 Dienst--
kilometer mit der Bahn, im Wagen und im Sattel machen. Manche Ko--
lonien wieder waren auf durchaus schlechtem Boden angelegt, hatte man
doch die Bodenanalyse, überhaupt eine fachmLnnische Prüfung der Boden--
verhLltnisse unterlassen; andere litten und leiden nnter dem Mangel an
Wasser. Das zehnjährige PachtverhLltnis verbot ferner den Hypothekar-
kredit, und der Personalkredit war wucherisch teuer, fand ich doch solchen
bis zu 50 v. H. Dazu kam, daß der Pachtvertrag die Erwerbung des
bosnischen Bürgerrechts vorschrieb, um Eigentümer zu werden, Angarn
aber seinen Staatsangehörigen die hierzu erforderliche Entlassung nicht
gab, so daß schließlich die Streichung dieses Paragraphen von nns durch-
gesetzt werden mußte. Trotzdem konnte man nicht klagen, war doch den
Behörden Wohlwollen gegenüber den Kolonien geboten worden.

Als aber WO auf die Annexion des Landes die Schasfung des bos-
nischen Landtages folgte, begann die Zeit zielbewußter Anterdrückung nicht
nur alles Deutschen, sondern fogar alles Nichtheimischen, die sogenannte
„Antikuferaschenpolitik", der Kampf gegen die mit dem Koffer gekommenen!
BewLhrte Beamte aus der Monarchie wurden häufig „präteriert" und
pensioniert und durch, großenteils unfähige, Einheimische ersetzt. Ob-
gleich das Verfassungsdekret ausdrücklich die Gleichberechtigung aller Na-
tionalitäten und Konfessionen gewährleistete, wurde ein osfener Kampf gegen
alles Fremde und vor allem gegen alles Deutsche geführt. — Ans Kolo-
nisten traf man gleich damit, daß man uns die bisher gewährten Subven-
 
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