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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 29,3.1916

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Heft 13 (1. Aprilheft 1916)
DOI Artikel:
Dehler, W. J.: Deutsche Kolonisation in Bosnien
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https://doi.org/10.11588/diglit.14293#0033

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tionen für unsere wenigen, aus eigenen Mitteln erhaltenen Privatschulen
strich. Da man den Protestanten als einziger Konfession eine Vertretung
im Landtag versagt hatte, was selbst Türken als ungerecht empfanden, hatten
wir keine Möglichkeit, uns an zuständiger Stelle Recht zu verschafsen. Die
Regierung getraute sich nicht, uns zu schützen, um des lieben Friedens
willen, und so waren wir den Launen dieses deutschfeindlichen Verfassungs--
körpers ausgesetzt, sür dessen Reife es zeugt, daß für einen Teil seiner
Abgeordneten ein Analphabetenkurs eingesührt werden mußte.

Zwei Helser erstanden uns in unsrer Not: eine Gruppe deutschnationaler
Reichsratsabgeordneter in Wien und dann die großen deutschen Schutz-
und Hilfsvereine, besonders im Deutschen Reich. Sie traten an die Seite
unsrer alten, treuen konsessionellen Helfer, des Gustav-Adolf-Vereins und
des Evangelischen Bundes, und alles wirkte zusammen, die nationale Ret-
tung dieser etwa sO OOO Kolonisten durchzusetzen, die für die etwa 6000
protestantischen unter ihnen gleichzeitig auch eine konsessionelle war, da in
Bosnien Kroatisierung und Katholisierung eng zusammengehören.

Bald wurde klar, wie das nationale Rettungswerk an unseren evan-
gelischen wie katholischen Deutschen zu geschehen habe. Die Hilse der Unter-
stützungsvereine konnte nicht ewig währen, genügte nicht und konnte auf
die Dauer sogar die eigenen Kräfte erschlaffen machen, die Regierung hatte
uns verlassen; wollten wir also deutsch bleiben, so mußten wir nicht nur
wirtschaftlich selbständig, sondern sogar eine wirtschastliche Macht werden.
Dazu war nötig:

s. eine Entschuldungsaktion zur Besreiung der Bauern aus Wucherer-
händen,

2. enger wirtschaftlicher Zusammenschluß der des inneren Zusammen-
haltes völlig entbehrenden Kolonisten, beides durch Gründung von Raiss-
eisenkassen und Genossenschaften,

3. wirtschaftliche und juristische, uneigennützige, fachmännische Beratung,
zahlenmäßige Stärkung der Kolonisten durch Organisation der Zu-

siedelung und

5. Stärkung des Grundbesitzes durch Neuerwerbungen und Ankauf, vor
allem der Brücken zwischen den einzelnen Kolonien, und Anlage neuer
Kolonien mittelst einer zu gründenden Parzellierungsbank.

Dies zu erreichen ging über die Kraft eines einzelnen bereits überlaste-
ten Pfarrers, der schon einem Riesensprengel vorzustehen hatte, und so
setzte ich meine ganze Krast daran, von den völkischen Nnterstützungsver-
einen den Gehalt eines juristisch und im Bankfach gebildeten Mitarbeiters
auf eine Reihe von Iahren zu sichern. Auf der in Koblenz tagenden
Generalversammlung des Vereins für das Deutschtum im Ausland wurde
mir Gelegenheit gegeben, mein Programm zu entwickeln, und wurde dort
gleichzeitig der Beschluß gesaßt, den geforderten Gehalt sür sechs Iahre zu
bewilligen. Mit dem Posten eines „Kolonienanwaltes" und Kassenorgani-
sators wurde mein Zwillingsbruder, Dr. jur. Albrecht Oehler, betraut.
Nach vier Iahren wirtschaftlicher Tätigkeit, wovon eines ein Kriegs- und
ein zweites ein Mobilisations- und Bereitschaftsjahr gewesen ist, hatten
wir am Ende des ersten Kriegsjahres jO Spar- und Darlehensgenossen-
schaften (die älteste arbeitete erst 2^ Iahre), serner 2 Produktionsgenos-
senschaften,- Käserei und Molkerei, einen Verband sämtlicher Genossen-
schaften in Banjaluka, sowie ein Milch- und Lebensmittelgeschäst eben-
daselbst. Der Nmsatz dieser Unternehmungen belief sich (9(^ trotz des
 
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